Deutschland [Bericht, Fotos & Videos] Sonderlehrgang Pyrotechnik (SFX, Film+Fernsehen) bei Hummig

Hallo Pyros,

in der vergangenen Woche von Ostermontag bis zum 13. April 2007 habe ich am

Sonderlehrgang für den Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen in Film- und Fernsehproduktionsstätten (Film-Pyrotechniker)

bei HUMMIG EFFECTS am Walchensee (nahe Kochel am See, südlich von München) erfolgreich teilgenommen.

Bei der Schulungsstätte handelt es sich um ein einfaches Gasthaus, dass herrlich am Herzogstand in 1575m Höhe liegt. Nirgends ist die Luft in Deutschland besser, nirgends ist es nachts ruhiger als in einsamer Höhe in den Alpen. Das Wetter war wirklich perfekt mit Dauersonnenschein, sodass einige Teilnehmer trotz des umfangreichen Lehrgangsstoffs sogar Zeit für einen Nachmittag Wandern auf schmalen Pfaden über einen Bergkamm nutzten. Rechts und links ging es dabei direkt einige hundert Meter nach unten und nicht immer war der Pfad ein begehbarer Weg

Unter diesen wunderbaren Rahmenbedinungen verbrachten insgesamt 24 Schulungsteilnehmer, davon 16 angehende Filmpyros und 8 Fachkunde-Wiederholer (die nur gut 2 Tage vor Ort blieben), 5 Tage von früh morgens bis oft spät abends ihre Zeit mit allerlei explosiven Themen und Versuchen. Dabei war der vierte Tag der Praxistag im Steinbruch, ca. eine Autostunde entfernt, der 5. Tag der ungeliebte theoretische Prüfungstag - der aber glücklicherweise recht schnell und erfolgreich zuende ging.

... Fortsetzung folgt ...

Die Bilder zeigen einige Landschaftsaufnahmen und eine lockere Wanderung sowie ermattete Gipfelstürmer.

 

Wolf-Ingo Hummig, Lehrgangsleiter und Maestro der Pyrotechnikerschule, führte durch den sehr informativen und unterhaltsamen Lehrgang in einer natürlichen und ehrlichen Art. Der Lehrgang war von Anfang an bis zum viel zu frühen Ende gespickt mit Versuchen mit Feuer & Flamme und lehrreichen Anekdoten - ein Genuss und jede Minute und jeden Cent wert.

In der Tat wurde - bis auf die trockene Rechtskunde - der gesamte Lehrgang untermalt von Versuchen im Lehrgangsraum und vor der Haustüre des Gasthauses. Angefangen von einfachen Abbrennversuchen unterschiedlicher NC-Produkte über Lycopodium-Vernichtung im kleinen und im großen Stil, Crashglas, Zerlegung von echtem Glas, Squibs und Körpereinschüsse mit Blutbeuteln bis hin zu Sprengschnur sowie großen Mehl- und Zementbomben im Mörser.

Da ich meist die Videokamera geführt habe, gibt es nur wenige Fotos von mir. Rockman wird jedoch sicherlich noch einige Fotos zu diesem Thema hochladen.

... Fortsetzung folgt ...

Die Fotos zeigen den Schulungsraum, mich bei einem heißen Lyco-Versuch und Futteraufnahme bei Sonnenschein.

 

Der vierte Tag des Lehrgangs war dann der praktische Höhepunkt - ein ganztägiger Besuch im Steinbruch mit unzähligen Versuchen und Effektdarstellungen. Enthalten waren auch die praktischen Prüfungen der Lehrgangsteilnehmer.
Die Prüfungen waren, trotz der Anwesenheit der "Männer von der Behörde", aber auch einfach nur Praxiserfahrung. Der Filmpyro muss sowieso immer sehr konzentriert arbeiten und sich überlegen, was er jetzt wie am sichersten macht. In der Filmpyrotechnik gibt es anders als bei Groß-, Bühnenfeuerwerken und bei echten Sprengarbeiten keine so festgelegten Sicherheitsabstände, Auflagen und Verfahrensanweisungen. Der Filmpyrotechniker muss entscheiden, wie größte Sicherheit bei gleichzeitig perfektem Effekt realisiert werden kann. Ob dann noch ein Prüfer im Hintergrund steht, ist letztlich egal...

Der Tag im Steinbruch begann mit einfachen Klasse IV-Feuerwerkskörpern bei Tageslicht abgebrannt. Bemerkenswert, wie eindrucksvoll die Rauchfahnen der Kugelbomben 63-300mm am blauen Himmel aussehen.

... Fortsetzung folgt ...

Die Bilder zeigen den kurzen Aufbau von Großfeuerwerksgestellen.

 

Es folgten die ersten Effektbomben aus unterschiedlich angewinkelten Eisenmörsern. Diese Mörser sorgen dafür, dass die Zutaten zusammen verladen werden können, dass keine Energie vom Untergrund absorbiert wird und dass keine Steine etc. gefährlich hochgeschleudert werden. Die unterschiedlichen Neigungswinkel der Mörser erlauben eine flache bzw. eine immer stärker nach oben gerichtete Ausrichtung der Explosion. Ein zylindrischer Mörser stößt letztlich den Effekt vollständig senkrecht aus.

Gezündet wurden vor allem Mehl-, Benzin- und Zementbomben. Als Auswurf- und Zerlegerladung dienten gewickelte Schwarzpulversätze, militärische Simulatoren DM54 (70g Blitzsatz), DM31 (deutlich größer, Grammzahl unbekannt) sowie 12.5g/m Sprengschnur. Je nach Art der Ladung wurden noch kleine 50-70g Schwarzpulverladungen aus kleinen Flashpot-Mörsern am eigentlichen Mörser befestigt gezündet, um eine sichere Anzündung des Effektmaterials zu gewährleisten. Durch die große Energie z.B. des DM54 ist dies nämlich ansonsten nicht gewährleistet.

• Mehlbomben mit normalen Haushaltsmehl (12 - 70kg pro Explosion) sorgen so für "saubere" großen Staubexplosionen, wobei ungezündetes Mehl weißen Rauch und Staubbildung simuliert.
• Naphthalin (Mottenpulver) wird auf die gleiche Weise zur Staubexplosion gebracht, produziert jedoch bei der Verbrennung noch eklig schwarzen Qualm. Wer's braucht
• Benzin (Testbenzin) bildet gewaltige Flammenbälle mit schwarzem Rauch. Hier ist jedoch auf niederregnendes, brenndes Benzin zu achten. Ansonsten sind Benzinexplosionen meines Erachtens die spektakulärsten Effekte.
• Bei Zementbomben wird Zement nur verteilt, nicht jedoch gezündet. Dieser Effekt simuliert Artillerie/Granat-Einschläge.

... Fortsetzung folgt ...

Die Bilder zeigen Mörser, Vorbereitung von Mehl- und Benzinbomben sowie einzelne Frames aus meinen Videos (links 12kg Mehl, Mitte 70kg Mehl, rechts 5l Benzin).

 

Sehr eindrucksvoll sind auch Shotgun-Mörser. Diese massiven Stahlmörser, Kaliber 6-8cm, mit angeschweißten Befestigungsösen dienen dazu, mit einer Schwarzpulver-Ausstoßladung Sand aus dem Mörser zu schießen.

Wozu? Um die Energie mit dem Sand auf Objekte zu übertragen. Auf diese Weise können Auto- oder andere Türen aufgesprengt oder Fässer in die Luft geschossen werden. Packt man noch einige 100 Milliliter Benzin in einem Beutel auf den Sand oberhalb des Mörsers, wird gleichzeitig ein Feuereffekt erzielt. Auf diese Weise lassen sich vortrefflich "explodierende" Pulver- oder Benzinfässer simulieren.

... Fortsetzung folgt ...

 

Neben "gewöhnlichen" Zutaten wie z.B. Schwarzpulver, Benzin und Feuerwerkskörper/militärische Simulatoren verwendet der Filmpyrotechniker auch brisante Explosivstoffe - hier sind vor allem Sprengschnur mit 12.5 bzw. 20g Sprengstoff pro Meter und kleine sprengfähige Zünder, z.B. Squibs, zu nennen.

Obwohl auch große Sprengzünder und gewerbliche bzw. militärische Sprengstoffe zum Portfolio des Filmpyros gehören können, sind diese aufgrund der extremen Sprengkraft sowie den damit verbundenen Anforderungen an Umgang, Transport und Lagerung eher selten. In großen Filmproduktionen kommen sie aber durchaus zum Einsatz.

Ein Versuch mit einem einfachen gewerblichen Sprengzünder zeigt die Gefährlichkeit. Nur der Zünder alleine hat eine große Blechdose fast 10m in die Luft katapultiert und dabei durch seine zersprengte Metallhülse vollständig mit Splittern perforiert.

Sprengschnüre und kleine sprengfähige Zünder werden dagegen sehr häufig für die verschiedensten Zwecke in der Filmpyrotechnik verwendet. 5 Liter Benzin oder mit Benzin getränktes Sägemehl mit Sprengschnur verteilt - da bleibt kein Auge trocken...

... Fortsetzung folgt ...

 

Das der Umgang mit brisanten Explosivstoffen auch unterhaltsamen Charakter haben kann, zeigten vier Teilnehmer des Vorjahreslehrgangs - allesamt hier im Forum vertreten. Darf ich Namen nennen?!

Sie habe kunstvoll einen Weihnachtsbaum mit explosiven Zutaten geschmückt und letztlich fachgerecht zerlegt - um die Schneidwirkung von Sprengschnur zu demonstrieren. Ein paar mit Schwarzpulver gefüllte Weihnachtskugeln hier, ein paar Windungen Sprengschnur dort. Patsch, Peng, Kling, Bummm, Buuummmm - weg war er. Video folgt gleich!

P.s.: trotz der amüsanten Geschichte haben die Weihnachtsmänner in der Tat seriös gearbeitet und waren auf größte Sicherheit bedacht.

... Fortsetzung folgt ...













FEUERWERK.net - [Video] Explosiver Weihnachtsbaum

 

Was nützen Einzeleffekte wie Benzinbombe, Shotgun-Schuss & Co., wenn man sie nicht kombiniert um z.B. einen PKW filmtypisch und effektvoll zu ruinieren?

Ein Golf II war das Opfer und wurde u.a. mit 4 Shotgun-Mörsern zum Aufsprengen der Motorhaube, Heckklappe und der Fahrertüren sowie 10 Liter Benzin mit Sprengschnurzerlegung fachgerecht in Szene gesetzt.

... Fortsetzung folgt ...

 

Absoluter Höhepunkt war letztlich eine weitere Szene, diesmal mit Darstellern - uns Lehrgangsteilnehmern, Herrn Hummig und den Prüfern - in unmittelbarer Nähe zu den Effekten.
Aufgrund des nicht vorhandenen Sicherheitsabstandes fallen Benzin und Sprengschnur dafür natürlich aus. Mit Shotgun-Mörsern, wieder für die Bewegung der Türen sowie zum Herausschießen von Fässern und Erzeugen von "Splittern" aus Pappkartons sowie zahlreichen großen Lycopodium-Mörsern lässt sich aber ein sehr vergleichbarer Effekt erzielen.

Video folgt - ein wenig heiß wurde es dabei schon, dies waren aber ausschließlich glühende Pappteilchen

So, das soweit zu meinem Bericht vom Sonderlehrgang Pyrotechnik bei Hummig. Viele kleine Details und weniger spektakuläre Effekte habe ich natürlich verschwiegen - das würde hier einfach zu weit führen. Eine DVD mit allen Aufnahmen könnte jedoch entstehen - wir werden sehen.

Mein herzlicher Dank geht an Wolf-Ingo Hummig für den gelungenen und unterhaltsamen Lehrgang und die vielen Kniffe aus der Praxis, an Philipp Hummig für die aufwändigen Vor- und Nachbereitungen im Steinbruch und Frau Hummig, für die organisatorische und kulinarische Betreuung.

Grüße an alle Lehrgangsteilnehmer!

Gruß und Schuss
Markus von FEUERWERK.net

 

Wichtig ist nicht der Frame davor, sondern der danach Der davor ist vollständig ungezündet, aber dann die drei Folgeframes - ein echter Lacher. Habe mir erlaubt, die Bilder oben noch anzuhängen.

@all
Danke für das Lob. Ja, es war wirklich schön, Lehrgang und Wetter! Eigentlich wollte ich den Lehrgang zusammen mit den vier Weihnachtsmännern schon letztes Jahr machen. Da kam dann das Symposium dazwischen. Dafür hatten die Jungs - so wie es sich gehört - auch noch ordentlich Schnee im Steinbruch (sieht man auf einigen Bildern auf pyrotechnikerschule.de).
Und wie warm es beim Auto wurde, sieht man herrlich auf dem Video (noch wenige Minuten, erstelle gerade das Thema). Alles Weicheier . Der Typ mit dem orangenen Helm mit Visier bin ich - stocksteif bis zum bitteren Ende.

 

So, Videos sind jetzt online und sollten auch richtig verlinkt sein... Viel Spaß!

9 Videos auf dem Videoserver


@bandoo
Herzlich willkommen zurück - und jetzt nicht wieder einschlafen!

 

Das war's