Handhabung & Technik Kabelenden eines Zünders offen vs. kurzgeschlossen

Dieses Thema im Forum "Professionelle Technik, Sicherheit, Handhabung" wurde erstellt von ruedi, 7. November 2007.

  1. Hi,

    nach vergeblichem Bemühen der SuFu beschäftigt mich augenblicklich doch eine Frage intensiver:

    ein guter Bekannter -selbst sehr erfahrener Klasse IV-Pyro- riet mir stets alle Zünder bis zum endgültigen Anschluss aus Sicherheitsgründen an den Enden kurzzuschließen, die es ja auch bereits so fertig kurzgeschlossen von einigen Herstellern zu bestellen gibt - leuchtet ein...

    Der nicht minder erfahrene PT anlässlich meines letzten Helfereinsatzes hingegen meinte das Gegenteil - NEIN, bloß nicht, da dadurch ja ein gegenüber elektromagnetischer Strahlung empfindlicher "Dipol" gebildet wird! Auch irgendwie einleuchtend...

    Was aber ist nun richtig(er)? ???

    Gruß
    Rüdi
     
  2. Beides falsch !!

    Es ist zwar äußerst unwahrscheinlich, dass zwei offene und abisolierte Enden gleichzeitig eine Stromquelle berühren aber nicht auszuschließen.

    Dass bei kurzgeschlossenen Enden soviel Induktion auftreten kann, dass der Zünder auslöst ist auch eher unwahrscheinlich,aber ebenfalls nicht unmöglich.
    Daher:

    Nur Zünder verwenden die noch nicht abisoliert sind und die beiden Drähte erst kurz vor dem anschließen bzw. verlängern !! einzeln !! und getrennt abisolieren !

    Am gefährlichsten ist es , Zünder an eine lange Leitung anzuschießen und die Enden dann kurzzuschließen . Je länger eine Leitung, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer genügend großen Induktion, z. B. neben einer Starkstromleitung mit Lastschwankungen !

    Letzteres haben wir in Versuchen festgestellt !
     
  3. Eigentlich einfach:

    - gegen ESD kurzschließen
    - gegen EMV Kabel verdrillen

    Wem das noch nicht reicht, kann vor dem Anzünder einen Ferritkern einbauen (na ja, wohl nur wenns besonders gefährlich wird).

    Gefährliche Gegenstände sind generell (und aus gutem Grund) bis kurz vor der Zündung kurzgeschlossen. Hierzu gibt es ausreichend Untersuchungen und Spezifikationen. Außerdem sollten U-Anzünder (gelb-weiß) verwendet werden, wenn eine Selbstentzündung zu einem größeren Problem werden könnte. Wenn man alle Gefahren ausschließen möchte, sind alle drei Dinge zu beachten, ansonsten muss man mit einem Restrisiko wohl leben, was aber auch möglich ist (darf sich eben keiner beim aufbau über die Kästen beugen).
    Der Transport von verbundenen Gegenständen ist aus diesem Grund generell verboten (Ausnahme: Individuelle Zulassung von der BAM).
     
  4. Elektromagnetische Felder und E-Zünder

    Zum Thema Funkeinrichtungen (Handys, Sendemasten...) und elektronische Zündung gibt es einen sehr detaillierten Artikel von Peter Rüh in der Ausgabe 2002 der Nobel-Hefte, der Titel lautet
    "Beeinflussung elektrischer Zündanlagen durch mobile und stationäre Funkeinrichtungen".

    Genug Formeln, um es selbst mal auszurechnen, ob die Funkleistung eines Handys zum Auslösen eines Zünders reicht ;)
     
    unkrautEx gefällt das.
  5. @gecko: Erstmal Danke für die fundierte Quelle, die zudem noch frei verfügbar ist :)
    Ich bin kein e-Techniker, mein technisches Vorstellungsvermögen windet sich schon bei einem Logarithmus :p , aber
    diese Fragestellung fußt auf dem Begriff des Stromkreises.

    Zum (meinem) Verständnis, dass mir sagt: Ist gar nicht einleuchtend :joh: :

    Da schwebt ein (An-)Zünder mit Anschußkabeln frei im Raum. Ein Ende bildet der Heizdraht, das andere die beiden Anschlußkabel. Diese liegen näherungsweise parallel und sind elektrisch leitend verdrillt.
    Vorstellungsbeispiel: lägen sie nicht parallel, die Kabel, dann hätte man z. B. einen Kreis: Kabel, Heizdraht, Kabel, Drillpunkt.
    Gleichzeitig ist der Raum von einem elektromagnetischen Feld höchster Dichte und beliebiger Frequenz erfüllt.

    Soweit richtig ?
    Falls ja:
    ([Edit]: Wir reden hier von elektrischer Leistung, thermische Effekte spielen in einer anderen Leistungsliga [/edit])

    Jede Leistung (auch eine induzierte) benötigt eine Spannungsdifferenz, damit ein Strom fließen kann.
    1) Innerhalb dieser "Kabel-Antenne" liegt schon in Ermangelung ihrer räumlichen Ausdehnung (Feldstärkeunterschiede an einzelnen Stellen) kein (Spannungs-) Potentialunterschied vor; folglich ist ein Stromfluß, also eine Leistungsabgabe vollständig ausgeschlossen.*
    Keine Potentialdifferenz ("Spannungsunterschied"), kein Strom, keine Leistung, keine Gefahr.
    (* entsprechend hohe Feldstärken bei sooo hohen Frequenzen sind völlig unrealistisch in freier Wildbahn)
    2) Selbst wenn ein Strom fließen würde, dann nicht über den (Heiz)Widerstand, sondern über den Kurzschluß, den die verdrillten Kabelenden bilden.

    Das Beispiel, dass ein Kabel (in einfachsten Fall: gestreckter Dipol) als Antenne im Raum schwebt - und dann gg. ERDE (oder eben an eine andere Antenne mit zumindest zeitlich divergierendem Potential) kurzgeschlossen wird - ist eine andere Baustelle und kann funktionieren.
    Beipiel A: Ein Kabel "fängt" die EM-Energie ein, das andere leitet es gg. feuchtes Gras - über den Zünder - in die Erde.

    Beipiel B: die Kabel sind unterschiedlich lang, nicht leidend verbunden. Eins paßt von der Schwingkreisresonanz "gut" zum umgebenden EM-Feld, da andere nicht => Potentialdiffenenz, Strom könnte (-> Formeln) über den Zünder fließen.

    Solange aber der (An-)Zünder an einem nichtleitenden Ende einer Antenne positioniert ist - der Heizwiderstand also gar nicht in den Stromkreis eingeschleift werden kann (was mit verdrillten Enden gewährleistet ist),
    kann er auch nicht auslösen. Nie.
    Gleichgültig, wie kompliziert die dahinterliegenden Formeln sind :blintzel:


    LG
    Thomas
     
    PYRO-POTSDAM gefällt das.
  6. Hm, ich weiß nicht, ob ich Deine Überlegungen ganz verstanden habe, aber:
    wenn die beiden Kabelenden des Anzünders leitend miteinander verbunden sind, hast Du stets einen geschlossenen Stromkreis, völlig egal, ob die Kabel nun rund, eckig, parallel,... angeordnet sind.
    Allerdings tut sich in diesem Kreis wenig, da keine Potentialdifferenz ("Spannungsquelle") im Kreis ist.

    Genau.
    Das Kurzschließen der Kabelenden sorgt dafür, dass eine mögliche elektrostatische Aufladung des Zünders sich sofort "gleichmäßig verteilt", also keine Potentialdifferenz entstehen kann.

    Was fire mit "Kabel verdrillen" gemeint hat, ist wohl nicht das Kurzschließen der Kabelenden, sondern das Umeinanderwickeln der isolierten Drähte.
    Idee: alle Störungen von außen wirken gleichzeitig auf beide Kabelabschnitte, damit haben sie minimalen Effekt. Macht man mit Netzwerkkabeln auch so (hat mir der Mensch aus dem Uni-Rechenzentrum mal erklärt).

    Der "Antenneneffekt" wird erst dann interessant, wenn die Zündleitung eine wirklich große Ausdehnung hat, und dann muss noch ein ausreichend starker Sender vorhanden sein (so lese ich das aus dem Artikel raus).

    Gruß,
    Andrea

    ps: der Logarithmus ist erstmal nur Mathematik, keine Technik ;)
     
  7. Ein einzelner Brückenanzünder, dessen beide Adern aneinanderliegen oder gar verdrillt sind ist unempfindlicher gegen Einstrahlung (E bzw. M-Feld). Spreizt man dagegen die Anschlußleitung, so hat man einen klasssichen Dipol. Nehmt einen Anzünder mit 0,5 m Leitung, zieht ihn lang (links und rechts der Pille je ein halber Meter Dipolschenkel) und hängt ihn senkrecht auf. Jetzt einfach ein Auto mit einer 2 m-Amateurfunkkiste daneben stellen und mit 50 Watt senden.

    So. jetzt nehmen wir eine Front. 20 m breit. Serienschaltung. Das gibt dann eine richtig große Leiterschleife. Hier kommt jetzt die reale Umgebung zum Tragen. Eine geschlossene Schleife ist eher für Induktion empfindlich, also die magnetische Komponente des EM-Felds. Eine offene Schleife dagegen reagiert eher auf höherfrequente Felder (E-Feld, Drahtantenne/Dipol).

    Also: nicht einadrig von der Zündmaschine an die eine Seite der Front, von Zünder zu Zünder und dann vom anderen Ende zurück zur Zündmaschine. Sondern zweiadrig von der ZM zu einem Ende der Front und dort zweiadrig entlang. Zweiadrige Leitung an den entsprechenden Stellen unterbrechen und Zünder einschleifen. Kleine Fläche, guter Schutz gegen M-Feld.

    Steht tatsächlich ein starker Sender in der Nähe, sind U-Zünder natürlich richtig, durch ordentliche Verlegung kann man zusätzliche Sicherheit gewinnen. Hierzu gehört auch, krumme Leitungslängen zu verwenden, so daß sich kein abgestimmtes Gebilde ergibt. Und im Extremfall muß man mit längeren Stoppinen arbeiten...
     
  8. Perfekt erklärt.
    Wichtig ist immer, dass die Leitungen parallel liegen und somit nur einen geringen Angriffspunkt für ein Feld mit Potentialunterschieden bilden. Wenn man den 1 bis 2 mm Abstand der parallelen Leitung auch noch kompensieren möchte (bei hochfequenten Feldern), dann werden die Leitungen zusätzlich verdrillt (auf der gesamten Länge). So ist immer ein Teil der Leitung dem Feld näher, aber nach der ersten Windung die andere Leitung, so dass sich das evtl. induzierte Potenzial über die Länge wieder aufhebt.
     
  9. Theoretisch alles richtig und schön. Aber hat's praktisch schon mal jemand geschafft, einen Zünder unbeabsichtigt durch Induktion zu zünden?
    Ich habe schon Bengalische Spiele mit 2.000 Brändern (= Zündern) auf einem Dach vollführt, da stand alles was gut und teuer ist an ziviler und militärischer Funktechnik. Ob die in diesem Land überhaupt Grenzwerte haben und wenn ja, ob das Militär sich drum schert weiß ich nicht. Jedenfalls hat mein digitales Multimeter sogar an manchen Stellen gesponnen. Trotzdem ist alles problemlos gelaufen und das, obwohl ich A-Zünder verwendet habe.
    Würde mich echt mal interessieren ob eine unbeabsichtigte Auslösung durch Felder praktisch schon mal eingetreten ist. Das man das im Labor problemlos hinkriegt ist mir klar, in der Praxis auf der Pampa? :dontthinkso:
    Ein Fall für die Mythbusters.....
    meint Raini
     
  10. Für das elektrische Feld böte ein Dipol die größte Angriffsfläche (also Kabelenden nehmen und straffziehen, wie stefan-1 geschrieben hat). Für das magnetische Feld böte eine kreisrunde Schleife die größte Angriffsfläche (also Kabelenden kurzschließen, und Schleife formen).

    Parallele und dicht aneinandrliegende Kabel bieten in beiden Fällen eine viel kleinere Angriffsfläche, sind also ungleich schlechtere "Antennen". Ich bin mir nicht sicher, welche Variante davon letztlich die schlechtere Antenne ist. Mann müsste mal messen, wieviele Millivolt man konkret an einem Zünder herbekommt in Sendernähe. Dafür sollte ja eigentlich ein einfach Diodenempfänger (Diode+Kondensator) und ein Voltmeter genügen? Natürlich nur bedingt aussagekräftig, da auch frequenzabhängig.

    Wenn sie noch verdrillt sind, heben sich die Effekte nach jeder zweiten Verdrillung (fast) auf, so dass nur ein nochmals wesentlich kleinerer Rest als Angriffsfläche bleibt (bei Netzwerkkabel der Standard, deswegen z. B. UTP = unshielded twisted pair).

    Ich habe auch mal diese Nobel-Hefte heruntergeladen, und quergelesen; hierbei scheint es v. a. um absichtlich ungünstige gewählte Konfigurationen zu gehen, also große Kabelschleifen etc.

    Weiterhin könnte man noch (ganz grob!) abschätzen, ob die vorhandene Leistungsdichte überhaupt für eine Zündung ausreichen könnte: Wenn ein Sender mit 100 Kilowatt EIRP strahlt, so verteilt sich seine Leistung in 90m Abstand auf eine Kugelschale mit 4 Pi r² = 4*3.14*90^2 = 100.000 m² Fläche, entsprechend einer Leistungsdichte von 1 W/m². Wenn der Zünder 1W zur Zündung braucht, müsste die Antenne eine Wirkfläche von 1m² haben. Ein Dipol (und viel besser wird die Antenne wohl nicht) hat bspw. eine Wirkfläche von Länge * halbe Länge. Ein 1-2m langer Dipol könnte also genügen (wenn zufällig auch die Sendefrequenz zur Länge passt).

    Bei einem Handy mit 1-2W Sendeleistung müsste man entsprechend schon fast die Antenne um das ganze Handy herumbauen, um 1W einzufangen.
     
  11. Zwischenzeitlich schon erstmal ein herzliches DANKE für eure ausführlichen Statements zu meiner Frage :)

    Da wage ich als Tenor eurer Erklärungen doch mal die Feststellung, dass man mit einem Kurzschließen der Leiterenden bis zum endgültigen Anschluß ans Zündsystem schon auf der sicheren Seite ist und das Dipol-Risiko dabei -wenn- dann nur bei extremen Leitungslängen UND großen Schleifen UND etwaigen starken Sendern in der Nähe relevant sein könnte...

    Zum Stichwort Amateurfunksender von stefan-1 muss ich übrigens schmunzelnd daran denken, das jedesmal der Scheibenwischer meines Autos anlief wenn ich damals (jetzt gut 15 Jahre her) mit meiner dienstl. C-Netz-Mobilfunkkiste telefonierte, waren glaube ich 15 Watt?...

    Gruß
    Rüdi
     
  12. Ich erinnere mich an die Geschichte des Schrebergartenbesitzers in der Nähe einer militärischen Radarstation, der seine Leuchtstoffröhren vom Netz abgeklemmt hat, da sie durch die HF-Leistung des Senders von selbst geleuchtet haben, auch wenn er nur einen Pol angeschlossen hat.

    Auch von Nikola Tesla ist bekannt, daß er mit HF Leuchtstoffröhren zum Leuchten gebracht hat, indem er sie in der Hand hielt.

    Also sooo klein kann die Energie von solchen Sendern nicht sein. Aber bei Mobiltelefonen wage ich das zu bezweifeln uns bin somit ganz bei Dir.

    @verdrillen:

    Irgendwann kommt der Augenblick, wo du ganz nah beim Rohr stehst und die verdrillten Kabel aufmachst, um sie an die Zündleitung anzuschließen. Diese wiederum hat ein offenes Ende. Wenn du diese dann am Gerät anklemmst und die grüne LED leuchtet auf, dann hast du mit viel Glück einen Kiloohm zwischen den Leitungen

    -helmut
     
    pro-audio gefällt das.
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