Leuchtfeuerwerk Nitrocellulose Chemiker da?

Dieses Thema im Forum "Effekte, Feuerwerkskörper, Technik, Hilfsmittel" wurde erstellt von Feistelmatze, 20. Januar 2023.

  1. Ich hab innem anderem Thema gerade das Unglück von Enschede gesehen war 2000 in den Niederlanden.

    Gibs hier einen Chemiker der Plan von Nitrocellulose hat?

    Diese soll wohl in EisFontänen das Unglück ausgelöst haben...


    Was ich bislang gelesen habe zerfällt das irgendwann und zündet dann durch?!
     
  2. Auf Wikipedia wirds auf große Mengen BKS geschoben.Frage gerade innem neuen Thema ob wer sich mit Nitrocellulose in Eisfontänen auskennt...die haben das angeblich entzündet.


    Edit: das Video ist übel hätte nicht gedacht das in der Entfernung was passiert.Wäre vermutlich auch stehen geblieben hätte mit dem Handy gefilmt...Wahnsinn...also wenn ich mal sowas sehe renn ich andere Richtung aber GANZ schnell.
     
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  3. #4 ivhp, 20. Januar 2023
    Zuletzt bearbeitet: 20. Januar 2023
    Nitrocellulose ist prinzipiell gegenüber Selbstzersetzung empfindlich. Das Problem wird beim reinen Produkt durch einen Restwassergehalt von mindestens 30% gelöst. Dann kann zwar auch Zersetzung auftreten, aber keine signifikante Erwärmung und damit wird ein autokatalytisches Aufschaukeln der Reaktion vermieden.
    Außerdem wird Nitrocellulose üblicherweise mit geringen Mengen Diphenylamin stabilisiert, das Säurereste neutralisiert und als Radikalfänger die Fortpflanzung der Zersetzung abfängt
    Trotzdem ist Nitrocellulose nicht unbegrenzt stabil, nach 5 bis 10 Jahren ist auch stabilisierte, feucht/nass und kalt gelagerte Nitrocellulose oft hinüber (aber nicht in Flammen aufgegangen, nur nicht mehr reaktiv).

    Ein kritischer und wirklich gefährlicher Aspekt sind Säurespuren. Frisch nach dem Nitrieren ist NC logischerweise voller Säurereste und es dauert ewig die Schwefelsäure auszuwaschen. Teilweise dauert der Waschvorgang Tage. Wenn da bei einer Charge kleine Fehler passieren und Säurereste darin sind, kann eine deutlich schnellere Zersetzung bis zur Selbstzündung auftreten.
    Bei der feuchten NC reduziert das idR aber nur die mögliche Lagerdauer.

    Etwas problematischer sind NC basierte Sätze, denn die können natürlich nicht mehr feucht gelagert werden. Häufig wird dabei aber nicht hoch nitrierte NC eingesetzt, die dann etwas stabiler ist. Außerdem ist die NC in Sätzen auch oft nicht nur stabilisiert, sondern auch noch phlegmatisiert (weniger reaktiv gemacht) durch Plastifizierungsmittel. Diese bewirken auch, dass man die eher flockige NC gut zu Pulver verarbeiten kann.

    Es muss also einiges zusammen kommen, damit dabei etwas schief geht. Säurereste in der NC, zu wenig Stabilisator, trockenes Produkt z.B. verarbeitet als NC basierter Satz und dann noch Lagerung z.B. bei erhöhten Temperaturen, die die Zersetzungsreaktion beschleunigen, so dass sich das ganze hochschaukeln kann.

    Generell ist NC aber recht zündfreudig und nicht elektrostatisch ableitend beschichtet wie gekörntes Schwarzpulver. Unfälle können also auch durch einen Funken oder lokale Hitzequellen initiiert werden.

    Ein anderes Problem bei NC basierten und metallpulverhaltigen Sätzen kann ironischerweise Feuchtigkeit sein. Die reine NC wird durch Wasser inhibiert, aber im Gemisch mit Metallen/Legierungen wie Magnalium kann Feuchtigkeit zu einer Oxidation des Metalls unter Wärmentwicklung und Reaktion mit der NC führen. Aber auch da muss einiges zusammen kommen, Feuchte, Wärme, größere Mengen, nicht phlegmatisiert,...damit es schief geht.
     
  4. Wahnsinn was hier für Wissen abgefragt werden kann.

    Vielen Dank.
     
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  5. Wir lagertenNC - bei uns hieß das Schießbaumwolle. Damals vor 45 Jahre in Kartonfässern feucht gelagert in einem Keller. Verwendet wurde das damals, und ich denke auch heute noch in Tischbomben weil das Zeug beim Umsetzen fast nicht raucht und in winzigen Menge aussreicht um eine ordentlichen "Plopp" zu erzeugen.
     
  6. Keine Ahnung wie du darauf kommst, dass Eisfontänen in Enschede die Explosion verursacht haben. Das waren 1.1G Sachen wie Kugelbomben die als 1.4G klassifiziert wurden und 1.3G Wasserfälle (Perchloratsätze) die in Containern in Masse exploideren.
    644 Pyrotechnics Disaster in Enschede Netherlands 2000 - Dust Clouds
    Die BAM hat das doch nachgestellt:

    https://www.youtube.com/watch?v=8pSqjOOBXz4
     
  7. Ich denke, es ging ihm um den Auslöser der Explosion.
    Ist diesbezüglich überhaupt etwas bekannt / gibt es (andere) Theorien?
     
  8. Ja, die letzten / aktuellesten Ergebnisse, die aber auch schon einige Kahre zurückliegen, gehen von einer wesentlichen Beteiligung von NC-basierten Eisfontänen aus. Nicht als Auslöser, aber wohl als Beitrag zum Ausmaß. Man darf nicht vergessen, Nitrozellulose lässt sich detonativ initiieren - Hitze-, Druck- und Mengenverhältnisse sollen da wohl gepasst haben. Noch dazu arbeitet man bei farbigen Traumsternen zusätzlich mit, unter anderem, Ammoniumperchlorat in der Rezeptur.

    Aber schlussendlich werden da denke ich nie die "letzten Wahrheiten" zu ermitteln sein
     
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  9. https://scontent-ber1-1.xx.fbcdn.ne...56NIJp41NP_l3hJ9t_366awpt68FtYJuQ&oe=63F31D88

    [​IMG]
    [​IMG]

    Landmijnen Enschede Vuurwerk Munitie Ramp
     
  10. Da mich der Artikel interessierte, hab ich mal per Google Translate übersetzt:

    LANDMINEN IN ENSCHEDE

    von: Redakteure am Dienstag, 18. Oktober 2005 @ 08:56

    FEHLERHAFTE MINEN VERURSACHT 'FEUERWERK-KATASTROPHE'


    Ich kommentiere das jetzt nicht. Möge sich jeder seine eingne Meinung bilden.
    Es gibt da noch einen Artikel zum Thema, kann bei Bedarf übersetzt & gepostet werden.


     
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  11. Da mich der Artikel interessierte, hab ich mal per Google Translate übersetzt:

    Ich kommentiere das jetzt nicht. Möge sich jeder seine eingne Meinung bilden.
    Es gibt da noch einen Artikel zum Thema, kann bei Bedarf übersetzt & gepostet werden.

     
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  12. Wenn man sich anschaut, was in Beirut mit Ammoniumnitrat passiert ist, dann kann ich mir gut vorstellen, dass große Mengen BKS auch eine ganz schöne Verwüstung verursachen können.
     
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  13. Was ich gelesen habe, war zumindest große Mengen 1.2 und 1.1. im Spiel, gelabelt als 1.3
     
  14. In Deutschland kenne ich nur Tischbomben und den Jorge Vulkan Mix, der laut Vitrine einen NC-Anteil enthalten soll.
    Wenn ich lese, welche Eigenschaften das Zeug hat, weiß man auch, warum.
    Müsste dann nicht auf entsprechenden Artikeln "zu verbrauchen bis" stehen, wenn NC nicht unbegrenzt stabil ist? Bei einer Tischbombe mag das ja noch gehen, wenn die sich entzündet und ploppt. Aber ein Vulkan, der sich wie ein echter verhält und ganz spontan ausbricht, wäre nicht mehr lustig.
     
  15. Möchte auch diesen Thread nicht "zumüllen", von daher der besagte 2.Artikel liegt mir nun übersetzt vor. Es geht in diesen um die genaue Anzahl der Landminen die verschwunden sind.
    Wer ihn haben möchte bitte PN an mich. Ihr bekommt ihn dann als PDF.
     
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  16. Viel Leuchtfeuerwerk enthält mittlerweile NC Pulver, grade auch im F1 bereich weil man so lange brenndauer mit wenig NEM (und wenig Rauch) hin bekommt. Auch Munition (scharfe Patronen und Schreckschusskartuschen) enthalten NC Pulver. Aber nirgendwo hab ich von einer Selbstentzündung gehört bis jetzt...
     
  17. Es gibt hunderte Artikel in allen Kategorien welche NC enthalten..
     
    ViSa, Knallmeister und Mathau gefällt das.
  18. ...um so wichtiger, dass diese Produkte zügig abgebrannt werden und nicht lange eingelagert bleiben...:good:
    Das wird @Tibola, unsere Tischbombenexpertin sicher bestätigen.
     
  19. Rakete100 und Firogni gefällt das.
  20. Wobei das aber auch wieder ein Thema ist, wie man seinen Lieferanten trauen sollte. Ein guter Teil des Pulvers war angeblich durch Nässe "verdorben".

    Was das NC Thema betrifft: Im Silvesterfeuerwerk ist es nicht so wirklich weit verbreitet, da wo man aber rauchfreie Sätze braucht ist es weit verbreitet. Im Bereich Bühnenpyrotechnik, Lanzen und auch verschiedene Kometen verwenden Sätze auf NC Basis.

    Was das Zersetzen betrifft.Die wirklichen Probleme für die Sätze entstehen eben aus Feuchtigkeit, die Säurereste im Pulver wieder zur Reagibilität bringen kann und durch wiederholte Temperaturwechseln. Im Bereich des Wiederladens habe ich schon Pulverreste von mehr als 50 Jahren Alters gesehen, die nicht mehr wiedererkennbar waren. Andererseits ist Munition diesen Alters problemlos verschossen worden und die voran zur Beurteilung delaborierten Patronen zeigten einen relevanten Veränderungen an dem NC-Pulver. Von daher kann man kaum verallgemeinern was die Zersetzung von NC-Pulver betrifft.
     
    Mathau gefällt das.
  21. Ok krass...wusste ich gar nicht..oder besser gesagt hab davon noch nie was gehört (Baujahr 1991).
    Aber vielen Dank für die info..
     
  22. Ich wollte das Thema nochmal kurz aufgreifen.
    Kann jemand was zum Abbrandprodukt von NC-basierten Eisfontänen sagen? Da gibt es ja auch eine Art "Fallout", trotzdem werden diese ja häufig auch auf Torten verwendet...

    Laut Wikipedia verbrennt NC
     
    Bagheera und Mathau gefällt das.
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