Hallo zusammen, welches sind die ersten in Deutschland für private Zwecke erwerbbare Silvesterraketen gewesen? In welchem Jahr war das und welche Firma hat diese Hergestellt? Wo waren diese Raketen käuflich erwerbbar? Gab es damals schon ähnlichen Auflagen wie heute? Waren die ersten Raketen die in Deutschland käuflich waren, dt. Produkte?
Also die älteste nach einer Webrecherche ist wohl die: Eisfeld Spielrakete mit Knall, es gibt sogar ein Foto von der Schachtel, hier im Besitz des Users @Bilsom : Schachtel EISFELD Spielraketen Knall Es gab wohl diese Spielraketen auch von Weco, Depyfag (sicher ab 1937) und Nico (allerdings jüngeren Datums). Eine mutmaßlich auch recht alte Rakete ist die Sawie Rakete (Goldregen-Comet): SAWIE RAKETE
Muss zu Hause mal im Standardwerk „Feuerzauber“ nachschauen. Vielleicht finden sich da noch ältere Belege. Feuerwerksraketen gibt es schon sehr lange, im Mittelalter im alten China waren diese zunächst schon militärisch verwendet worden. Ab wann sie in Deutschland käuflich zu erwerben waren kann ich beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht weiß ein Experte @Pyro @Hanabi oder @Silberhütte eventuell mehr...
Zu allererst einmal sollte die Frage stehen, wer kam als Hersteller überhaupt in Frage. Ich würde dazu tendieren das sowohl Wilh. Fischer (Cleebronn), I.F.Eisfeld (Silberhütte), J.G.W. Berckholtz (Hamburg-Bahrenfeld), als auch H. Nicolaus & Co. (Meiningen/Thüringen) zu den ersten "Herstellern" zählen könnten. Ein schöner erster Beleg ist wie ich finde hier zu sehen: Raketenmuster Fischer erstellt von Alter Knaller, 6. März 2012 um 14:52 Uhr Folgt man diesem zeitlichen Ansatz (1893) so könnte man zumindest davon ausgehen, dass rein optisch betrachtet die ersten Silvesterrakten so ausgesehen haben. Ich denke jedoch das diese zunächst den Lustfeuerwerkern der Zeit vorbehalten waren. Ab 1900 bis zum 1. Weltkrieg (1914 - 1918) findet sich in den o.g. Produktionsstätten zunehmend weniger Lustfeuerwerk. Die Produktion von techn. Pyrotechnik, insbesondere die für militärische Zwecke (z. B. Signalmittel) stand in Vordergrund. Erst ab 1922 gewann die Produktion von Lustfeuerwerk und sog. Salon/Kleistfeuerwerk wieder an größerer Bedeutung. Anfang der 30er Jahre könnte man von der Blütezeit der ersten richtigen Silvesterraketen für Jedermann sprechen. Die ersten Silvesterraketen für einen "freien Verkauf" waren Kleinstraketen, sogenannte Hand bzw. Spielraketen. Dazu kamen kleine Knallraketen und erste Versatzraketen. Hierzu passen dann ganz hervorragend die Eisfelder Spielraketen. Schachtel EISFELD Spielraketen Knall erstellt von Bilsom, 10. Jan. 2010 um 14:02 Uhr Links: Reklamemarke Wilh. Fischer Katalogseite 1915 Early Rocketery Verschiedene Belege der damaligen Zeit: Forumsbilder: ca. 1924 Eisfeld Raketen mit wunderschönen Namen Effektetiketten Serie No.1 erstellt von Silberhütte, 27. Dez. 2011 um 00:39 Uhr 1930 Gartenfeuerwerk (Raketen) DEPYFAG 1930 Beilage Katalog A erstellt von Silberhütte, 11. Aug. 2011 um 23:08 Uhr 1931 Handraketen von H. Nicolaus. No. 377a H. Nicolaus & Co. Katalog 1931 erstellt von Silberhütte, 14. Aug. 2011 um 23:29 Uhr 1938 Preisliste Curt Fahrenkamm Curt Fahrenkamm Faltblatt Feuerwerk 1938 erstellt von Silberhütte, 7. März 2011 um 21:36 Uhr Diese konnten über Drogerie bzw. Kolonialwarengeschäfte und Kaufläden erworben werden. So könnte das damals ausgesehen haben: Zwerg Laden erstellt von Silberhütte, 7. Jan. 2011 um 21:18 Uhr Die Ware gelangte seinerzeit über die Fabrik mittels Bahntransport zum Händler/Verkäufer. Offizielle Zahlen zu Auflagen und Mengenabsatz sind mir nur teilweise bekannt. Das Aufkommen war geringer und auch deutlich übersichtlicher als Heute. Was sicher ist, dass diese Raketen in Deutschland gefertigt wurden. Geprägt sind diese Raketen aber von vielen Einflüssen, so z.B. der Entwicklungsgeschichte der Stabraketen, den Künsten aus Italien und Fernost und regionaler Verfügbarkeit von Rohstoffen. Zum Beginn des 2. Weltkrieges konnte wieder ein Einbruch bzw. der gänzliche Wegfall der Produktion zum Vergnügen beobachtet werden. Erst weit nach Kriegsende ca. 1953/54 wurde die Produktion insbesondere der Silvesterraketen wieder aufgenommen. Ergänzung und Fortsetzung folgt...
Wenn nicht @Silberhütte selbst, wer sonst sollte solch eine fabulöse und aufschlussreiche Antwort geben. Mir lag es am Herzen solch Antwort in schriftlicher Form einen Dank zu erteilen, denn es ist mehr, als ein gefällt mir DANKE für eines der sinnvollsten Beiträge!
Dein Beitrag ist wirklich sehr Hilfreich! Wo kann ich denn speziell über diese Zeit mehr erfahren?(drittes Reich?) Mich würde interessieren in wie weit das Feuerwerk zugunsten von Munition zurück gefahren wurde und ob es Jahre gab wo da gar nichts hergestellt wurde,also überhaupt nichts mit Feuerwerk? Und ob die Leute überhaupt Lust auf Feuerwerk hatten zu der Zeit
Das dürfte von der Firma Lehmann in Gera gewesen sein - 1763 gegründet wurde damals erstmal neben den staatlichen Zeughäusern wirklich für den Privatbedarf produziert. Aus der Firma wurde später die "Geraer Knallerbsenfabrik", als sie von der Familie Lehmann auf die Familie Werner überging. Unter der Marke "GeFa" findet man dazu auch hier was im Album. Geschlossen wurde der Betrieb im Rahmen der Vollverstaatlichung in der DDR 1973, den letzten Produktionsleiter durfte ich noch kennenlernen, er müsste eigentlich auch noch leben, so alt war er damals nicht
Hallo Alex, hast Du zufällig Unterlagen zu Ewald Lehmann. Vielleicht sogar zur Gründungszeit? Soweit ich weiß, haben sie die Staatliche Konzession als Feuerwerkerei im 19.Jh erhalten. Das ab "1763" für den Privatbedarf produziert wurde, halte ich für abwegig. Zu dieser Zeit war gerade der 7jährige Krieg um Gera/Umgebung beendet worden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass zunächst zur Auffüllung der umliegenden Zeughäuser Material hergestellt wurde. Eine Produktion von Feuerwerksartikeln insbesondere von Raketen direkt für den "Privatkunden zu Silvester" und dann noch für einen größeren Raum (über damalige "innerdeutsche" Landesgrenzen hinweg) halte ich auch für ausgeschlossen. Gib mir mal bitte noch stimulierende Anreize zur weiteren Forschung in dieser Richtung. Vielen Dank für Deine Hilfe Ralf
Interessantes Thema! Der richtig große Vertrieb von Feuerwerk ging vielleicht auch los mit Erscheinen von diversen Handelskatalogen. Ich habe ein Foto von August Stukenbrok welcher bis 1931 existiert hat. Dort wurde eine Vielzahl an sogenannten Lustfeuerwerk angeboten. Vielleicht kann dort eine Recherche einen Hinweis geben, wann die ersten Raketen für private Zwecke verkauft wurden. Aeroteufel
Über diese Zeit sind etliche Hinweise, Schriften, Webeinträge zu finden. Speziell zur Silberhütte (I.F.Eisfeld) ist dieser WIKI-Eintrag sehr aufschlussreich. DEPYFAG Auch Lesenswertes findest Du hier: Silberhütte DONAR GmbH Wer Wo Was ca. 1951/52 , Seite 22 bis 36 Allg. Eisfeld vor dem 2. Weltkrieg Eine Buchempfehlung vom mir! Der verschenkte Himmel, Ein Abriss der Raketenentwicklung bis 1945 – der Harz als eine Keimzelle – Bernd Sternal
Unser lieber @Brakelmann hatte bereits in einem anderen Thema den Hinweis auf sehr schöne Historische Zeichnungen von Feuerwerkskörpern gegeben. Für das hiesige Thema ist dieses Bild sicher interessant: Lustfeuerwerk 1804 Dazu noch ein sehr altes geschichtliches Ereignis aus dem Jahre 1795 Ragetten = Raketen
Wow, vielen Dank für die massigen neuen Infos! Super spannendes Thema. Wie cool ist auch der Katalog Auszug mit "Autobomben" und "Hundebomben".... ....wie heavy, hat man die damals einfach weggeböllert.... Auch der Ansatz auf dem Fahrrad Feuerwerk zu zünden! Lustfeuerwerk finde ich auch nen coolen Begriff!
Damals hat man den Hunden noch gezeigt wo es lang geht und heute zeigen uns die Hundemenschen wo wir langzugehen haben.
Ob es damals Abgabebeschränkungen gab ? In einer Dokumentation über die Entwicklung der Raumfahrt wurde erwähnt, das Wernher von Braun wohl als Kind/Heranwachsender in den 20er Jahren allerlei Unfug mit Feuerwerksraketen getrieben haben soll.
Schon vor über 300 Jahren haben Personen, die Freude daran hatten und das nötige Kleingeld besaßen, alle Feuerwerkskörper und natürlich Raketen, selbst zu Hause angefertigt um sie dann bei ihren privaten Feiern abzubrennen.
Schöner Artikel mit umfangreichem Quellenverzeichnis: Im privaten häuslichen Bereich fanden F. vermutlich öfter statt als von ihnen berichtet wird. Nur selten ist man durch bildliche Wiedergaben so gut unterrichtet wie vom F., das Jos. Furttenbach d. Ä. 1644 im Garten des Geschäftsfreundes Khonn veranstaltete (Abb. 13; M. Berthold a. a. O. [Sp. 586] S. 175). Man tadelte derartige F. als unnütze Verschwendung des Geldes, das besser Armen zugute gekommen wäre; nur Fürsten, Großen Herren und Gemeinden stünde das F. an [16, S. 435]. Ferner dürften Sicherheitsbestimmungen einschränkend gewirkt haben (in Augsburg wurde 1592 das „Raqueten-Werffen und Schiessen“ untersagt: [118] S. 41f.)." Feuerwerk – RDK Labor Jahrhundertwende 1899/1900 in Berlin: " drang schriller Lärm von Böllern, heiteren Glückwunschrufen und allerhand anderen Geräuschen von der sonst so stillen Tiergartenstrasse und aus benachbarten Häusern zu mir" rbb Preußen-Chronik | Episode 1. Januar 1900: Berlin begrüßt das neue Jahrhundert
Hallo @*RAKETE*, herzlichen Dank für diesen wunderbaren Wiki-link, den ich noch nicht kannte. Dies ist eine der Best-recherchierten Bibliographien die ich je gesehen habe. Ich sammele seit fast 50 Jahren Feuerwerksbücher und habe die wichtigsten, meist als Nachdruck. Nur beim überfliegen der Bibliographie habe ich 2 wichtige Titel entdeckt, nach denen ich nun suchen werde. Das angehängte Bild, in diesem Wiki-Artikel als Hängefeuerwerk betitelt, stammt, meines Wissens nach, von Biringuccio. Es ist meinen Recherchen nach der Ursprung der GIRANDOLA (Steigende Krone). Unsere Ami-Kollegen sind da aber anderer Meinung. Nochmals vielen Dank für diese wahnsinnig umfangreiche, gute {} Recherche.
Das ZVAB ist eine gute Quelle für Literatur: ZVAB - Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher | Antiquarische und vergriffene Bücher online bestellen Vielleicht wirst du fündig.
Hallo @*RAKETE*, beim ZVAB bestelle ich schon seit vielen Jahren, in den letzten Jahren, seit sie von einem großen US Unternehmen aufgekauft wurden, aber weniger. Dagegen wächst meine digitale Bibliothek wöchentlich. Absolute RaRa, die ich mir einfach nicht leisten kann, da sie meist mehrere tausend oder auch 10000 Euronen oder $ kosten. Gerade habe ich mir ein Buch, aus deinem Link, von der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel heruntergeladen(Joh.Ammon-Armamentarium Principale....Ffm.1625). Was in den letzten 10 Jahren online eingestellt wurde ist ungeheuerlich. MDZ in D, e-rara in CH, die spanische Verteidigungsministeriums digitale Bibliothek, Frankreich, England, USA u.s.w. Zum Lesen reicht mir eine gute digitale Kopie, die natürlich keinen kommerziellen Wert hat. Die Originale sind teure Wertanlagen, die man am Besten in einem temperierten Safe aufbewahrt. Derartige Rara kann man in deutschen Bibliotheken nur unter Aufsicht, mit weißen Stoffhandschuhen und nur mit Bleistift und Papier zum Notizen machen, begutachten. Das habe ich nur 1 mal in Berlin, bei der Sammlung Preußischer Kulturbesitz, gemacht.