Forum [OT] Chemiker hier?

Dieses Thema im Forum "Fragen und Hinweise der Benutzer zum Forum" wurde erstellt von Jenny, 23. Jan. 2021.

  1. #1 Jenny, 23. Jan. 2021
    Zuletzt bearbeitet: 23. Jan. 2021
    Hallo Leute,
    ich habe gerade einen Gelbildner (Sodium Carbomer, C3H4O2) mit Wasser gemischt und dann Kupfersulfat (CuSO4) dazu gegeben. Ich wollte eigentlich damit eine wässrige Kupfersulfatlösung etwas andicken (Mittel gegen Strahlfäule bei Pferden).
    Heraus kamen wasserunlösliche große Kristalle in petrol grüner Farbe. Die flüssige Komponente war nahezu weg. Hat jemand eine Ahnung, was da entstanden ist?

    Hier ein Foto:
    IMG-20210123-WA0000 | FEUERWERK Forum
     
  2. Ich möchte gerne mal ein bisschen raten, vielleicht finden sich ja mehrere Ideen.
    In Anbetracht der Tatsache, dass der von dir genutzte Gelbildner, eine Polyacrylsäureart, sehr große Mengen Wasser aufnehmen kann, würde ich schätzen, dass das der Grund für den späteren "Wassermangel" ist. Weiterhin meine ich, dass man solche Polymerarten u.a. zur Aufbereitung bzw. Klärung von Abwässern nutzen kann, in dem man z.B. Schwermetalle komplexiert und ausfällt. Zuletzt habe ich bei dem Foto an Kupferacetat gedacht. Natürlich ist Acetat und Acrylat nicht das gleiche, aber nichtsdestotrotz wäre mein Tipp, dass du irgendeine Form von komplexiertem Kupfer(II) in einer Polyacrylatmatrix bzw. einem PA-Gel ausgefällt hast.
    Ich beanspruche überhaupt nicht, dass das auch nur im Entferntesten richtig ist, ich bin zwar Chemiker, aber mein Fachgebiet ist ein völlig anderes. Macht trotzdem Spaß zu raten! :)
     
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  3. Ich glaube das ist es. Grünspahn hat genau die Farbe.
    Vielen Dank!
     
  4. #4 ThiefRainbow, 23. Jan. 2021
    Zuletzt bearbeitet: 23. Jan. 2021
    Meine Theorie als billo CTA: Wikipedia sagt das Polyacrylsäure in Anwesenheit von Kationen, z.B. Ca(2+); Al(3+) dazu neigt auszuflocken.
    Kupfersulfat liegt gelöst vor also hast du Cu(2+) Kationen vorliegen zum einen. Polyacrylsäure – Wikipedia
    Zum anderen Komplexieren die Kupfer-Ionen in Wasser zum hellblauen Hexaaquakupfer-Komplex Komplexbildungsreaktion – Wikipedia

    Also unterm Strich: Ausgeflocktes Gel das Wasser bzw. den Komplex mit eingeschlossen hat

    Aber ich werde nur bezahlt um Knöpfe zu drücken
     
  5. #5 Hörmann, 23. Jan. 2021
    Zuletzt bearbeitet: 23. Jan. 2021
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  6. Da Kupersulfat sich in wasser in seine Salze löst, muss es wohl daran liegen. Die Kristallbildung fand wohl in Kombination mit dem Kohlenstoff statt. Aber so festlegen kann ich mich da such nicht mehr, da meine letzte Chemiestunde schon fast 2 Jahre her ist:crash:
     
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  7. Wir hatten ein ähnliches Thema letztes Jahr zu Beginn der Corona-Phase. Es gab anfangs einen Engpass an Desinfektionsmitteln, weshalb wir das nach WHO "Rezeptur" selbstangesetzt haben (Isopropanol-Glycerin-Wasser). Das war allerdings auch flüssig. In käuflichen Desinfektions-Gelen wird als Gelbildner auch meist Carbomer eingesetzt. Die Gelwirkung ist aber pH-Wert abhängig, weshalb eigentlich immer noch eine Base zugesetzt wird, oftmals Triethylamin TEA, um das Carbomer/die Polyacyrlsäure zu deprotonieren. Außerdem können diverse Kationen (z.B. aus dem Wasser) auch ein verklumpen bewirken. Es ist also nicht ganz trivial damit zu gelieren.

    Ich möchte mich aber @Klimpertruhe anschließen und vermuten, dass dein Ansatz zu konzentriert war; Carbomer ist relativ stark gelierend. Ich würde testweise eine geringe Menge Wasser vorlegen und langsam Carbomer zugeben (0,5 - 1% max), bis die gewünschte Viskosität einsetzt. Da du schon Natrium-Carbomer hast, also schon deprotoniert, brauchst du eigentlich keine Base mehr für den richtigen pH-Wert zugeben. Diese Mischung (nur Wasser und Na-Carbomer) sollte mMn schon funktionieren, dann kannst du nachfolgend Kupfersulfat zugeben, das sollte sich auch in nicht zu festen Gelen noch lösen. Es besteht wie oben erwähnt aber die Gefahr, dass die Cu2+ Ionen mit den Carboxylatgruppen (COO-) des Carbomers Komplexe bilden und dann "Ausfallen" also wieder ausflocken. Aber auf einen Versuch kommt es wohl an.
    Notfalls gibt es noch eine Reihe anderer Verdickungsmittel für wässrige Systeme, die für pharmazeutische Zwecke und auch Lebensmittel geeignet sind, also für deine Pferde auch nutzbar sind, z.B. Xanthan, Johannisbrotkernmehl oder Pektin. Diese natürlichen Polysaccharide (Vielfachzucker) funktionieren vielleicht besser in Verbindung mit Kupfersulfat als polymere Carbonsäuren (wie. z.B. Carbomer).

    Auf jeden Fall ein sehr spannendes Thema!

    Ich drücke dir die Daumen und freue mich auf neue Ergebnisse ;)
     
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  8. Die Kupferionen komplexieren mit der deprotonierten Acrylsäure eher als einen Aquakomplex anzustreben?
     
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  9. Mehrkernige Komplexe mit derart hohen Molgewichten werden nicht mehr ausreichend solvatisiert. Zumal das Molekül nach außen hin neutral wird. Na+ kann ja nicht verbrücken und wird als Gegenion wesentlich besser vom Wasser "aufgenommen". Ähnlich funktionieren die ganzen gravimetrischen Methoden in der qualitativen Analyse auch (als Chelat-Komplexe ausfällen).
     
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  10. ...und ich dachte ich mische das "schnell" einmal zusammen.:rofl::rofl::rofl::rofl:
     
  11. Chapeau, Herr Dr.! :D Aber mal ohne Flachs, das ist gut nachvollziehbar erklärt und dann lieferst du direkt ein Folgeexperiment zur Optimierung mit - ein richtig schöner Beitrag finde ich:good:
     
  12. Wird leider nur nicht ganz funktionieren, da die leicht saure Kupfersulfatlösung das Ganze wieder verflüssigt sobald die Kupferbindungskapazität des Natriumpolyacrylat erschöpft ist.
    Gibst Du dann mehr Natriumpolyacrylat hinzu, fällt das Ganze wieder aus (vgl. meinen oberen Link unter dem Punkt "Entfernung von Metallionen aus der Umwelt").

    VG
     
  13. Sehe ich auch so, und ja, in der Gravimetrie strebt man hohe molare Massen an. Ni-DAD zB. Also wäre die Acrylsäure der Komplexbildner und das Kupfer das Zentralatom. Dann könnte man doch durch die Mehrwertigkeit des Kupfers auch begründen warum es verklumpt da der Kupfer zwei Zähne braucht um "gebunden" zu sein und so die Polymerkette zusammenschrumpft? (ruhig eins aufs Dach geben wenn das zu weit hergeholt klingt ^^)
     
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  14. #14 Reaper, 23. Jan. 2021
    Zuletzt bearbeitet: 23. Jan. 2021
    Hey, es freut mich auf jeden Fall, dass es weitere Chemiker im Forum gibt!
    Ich kann gerade hier ja zugeben, dass ich eigentlich nur durch die Pyrotechnik den Weg zur Chemie gefunden habe. Experimentalchemie hat mich schon immer begeistert, die gab es aber leider nur in den ersten Semestern... :D

    @GethPrime
    Dein Beitrag oben war schon richtig, sollte nicht so wirken, hab die Beiträge in der Mitte zu spät gesehen, da ich ewig an meinem getippt habe :rofl:

    Es ist ja in den meisten Fällen eine Gleichgewichtsreaktion, d.h. du hast auf jeden Fall auch noch Kupferhexaaquakomplexe vorliegen :good:
    Die Cu2+ können ja auch Carboxylatgruppen zweier verschiedener Polymerketten binden, d.h. du "verknüpfst" immer weiter Polyacrylat, bis das Gebilde zu groß wird und aus der wässrigen Phase ausfällt.
    Dieses Verknüpfen von Polymerketten unter Viskositätszunahme hast du auch bei Kautschuk mit Schwefel zu Gummi oder Epoxidharz mit Aminen als Aushärter (2K Kleber). Das Beispiel hinkt etwas weil da kovalente Bindungen entstehen und auch kein richtiges Lösungsmittel vorhanden ist, also in Reinform.
     
  15. Jetzt weiß man wie manche ihr Feuerwerk finanzieren.
    Die Frage ist doch eigentlich:
    Warum hat sich mein "Ice" beim kochen grünlich gefärbt :D
     
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  16. Oh oh, wieder kein Pseudoephedrin bekommen?:p
     
  17. Die Lösung für Kupfersulfat scheint Hydroxyethylcellulose zu sein.
    Zumindest hat ein Hersteller eines Gels Cellulose als Bestandteil angegeben.

    Mehr Hintergrund:

    Nicht einfach nur angedickt
     
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  18. Dann hat sich der Thread ja schon n-fach gelohnt:
    Ich habe heute gelernt, dass was zu gelieren nicht ganz trivial ist, wie man Kupfer ausfällen kann, wie man Kupfersulfat doch gelieren könnte und was das sein könnte, was ich da zusammengerührt habe.
    Wenn Ihr Euch jetzt auch noch freut, freut es mich auch noch mal. Wie cool ist das denn?

    Viele Grüße
    Jennifer
     
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  19. "Chemie, Mr. McElroy, was ist Chemie. Ausser der Fähigkeit, Bewunderung bei anderen hervorzurufen."

    Zitat aus "the 51st State"...trifft hier für mich zumindest zu!:)
     
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  20. Alle gut @Reaper, ich lerne gerne neues dazu.
     
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