Großfeuerwerk Wirkung und Gefahren von Chloratmischungen

Dieses Thema im Forum "Großfeuerwerk, Indoor-Pyrotechnik, SFX" wurde erstellt von knallkopp, 13. Oktober 2005.

  1. Sicher kennen alle dieses Unkrautmittel, das eine Chloratform enthielt, die man mit einem Haushaltsmittel mischen konnte um ziemlich brisanten Sprengstoff her zu stellen. Ich rede so um den heißen Brei herum, damit unwissende nicht erfahren worum es geht.

    Mich würde interessieren, warum Chloratmischungen so gefährlich sind und wie schnell sie reagieren.

    PS: Die SuFu hat nix gebracht
     
  2. Manche kapieren das nie!
     
  3. dacht ich mir du bist ein :

    [​IMG]

    Don't feed it!
     
  4. Ihr wollt mit eurer Haltung Jugendliche davor schützen sich und andere zu gefährden, aber dass schafft ihr nicht mit solchen Reaktionen auf normale Fragen! Es ist wie mit Drogen: Entweder man klärt auf und schafft dadurch den nötigen Respekt vor einer Substanz, oder man versucht das Thema tot zu schweigen, was unweigerlich dazu führt, dass die Leute anfangen ihre Neugier durch's Ausprobieren zu befriedigen. Denkt mal nach welcher Weg der richtige sein könnte.
     
  5. ich denke der richtige weg wurde bereits eingeschlagen...

    wenn man überall schreibt wie man chloratmischungen herstellt oder was dabei zu beachten ist machen es sicherlich mehr nach als die paar freaks die sowieso unbelehrbar sind. und zum glück gibts un ex nicht mehr in der alten zusammensetzung.

    scheinst noch recht jung zu sein, tippe auf 13-15 zünde doch lieber die kleinen bläschen an die entstehen wenn man in der badewanne pupst, das ist ungefährlicher..

    naja wenn man solche ansicht hat, ein positives hat es NATÜRLICHE SELEKTION
     
  6. Naja für Dich musst du aber schon selber denken - mal abgesehen davon, das die heutigen Drogenkonsumenten es auch alle ganz alleine Schuld sind, egal wie sehr sie auch auf Papi und Mami schimpfen.

    Und wenn du dir ein Loch in die Decke sprengst - "der Herr im Himmel möge es verhüten" aber daran ist dann niemand Schuld der dir die Information versagte oder dich anderswie schlecht behandelt hat.

    Irgendwo ist man schon selber verantwortlicxh.

    Alle Informationen, deren "Fehlen" du kritisierst sind völlig frei zugänglich - hier auf diesen Seiten.

    Aber suchen, sehen, lesen, verstehen, begreifen und befolgen - ist schon deine eigene Sache.

    Nein - falsch wollen wir nicht - zumindest nicht Hauptberuflich und das mit der natürlichn Selektion für die Unschuldigen zum ausprobieren Gezwungenen, wurde ja schon ausreichend erläutert.

    Wenn wir hier jedesmal 5 Cent für dumme Fragen bekämen, wären wir alle steinreich - beim ersten Mal hast du vernünftige Antworten bekommen, beim zweiten Mal erschien der Troll und im Moment zeigst du nur, das du keine Informationen willst, sondern Unterstützung - und die wirst du hier für deine Anliegen nicht bekommen.

    Derartige Diskussionen haben wir schon hunderte Male geführt - keines Deiner Argumente ist neu oder richtig . Punkt.

    Lies es gerne nach, wenn es Dich interessiert - und dann sei herzlich begrüsst und gebeten an den erbaulichen Diskussionen hier im Feuerwerksforum teil zu nehmen.

    BASTEL Diskussionen bitte nicht.
     
  7. @Knallkopp

    Natürlich ist es interessant und reizvoll, seine eigenen Effekte zu erschaffen. Aber aus Vernunftsgründen solltest dem trotzdem widerstehen!
    In meiner 'Sturm und Drangphase', das ist jetzt mehr als 20 Jahre her, habe ich auch mangels Wissen und anderer Chemikalien auf UnkrautEX und sonstiges Teufelszeugs zugegriffen. Dabei war ich immer, von Anfang an, sehr pingelig, reinlich, hatte separate Werkzeuge + Siebe und puuuffff - hat es mich dreimal erwischt - obwohl ich immer nur allerkleinste Menge ausprobiert habe.
    Das Schlimmste dabei waren Verbrennungen 2. und 3. Grades an der Hand - die Innenseite warf riesige Blasen, die komplette Haut löste sich ab und der Arm hat tagelang gepocht und gebrannt, dass ich geschrien habe. Menge für diese Verbrennungen?! Genau 1.2 Gramm Oxmittel mit Metallpulver als 2 Leuchtsterne mit einem Bindemittel auf Alkoholbasis. Selbstentzündung durch Elektrostatik oder Feuchtigkeit in meiner Hand.

    Mein Fazit: Es ist meines Erachtens für Privatpersonen UNMÖGLICH im heimischen Keller, bei noch so guter und penibler Arbeit, alle Möglichkeiten eines Unfalls auszuschließen. Bei Chloraten gilt dies noch etwa 30x mehr als bei Nitraten und 20x mehr als bei Perchloraten.

    Die Jungs in Amiland haben es teilweise besser drauf, aber auch nur die, die fast echte Produktionsstätten haben - mit Luftbefeuchtung, Abführung jeglicher Elektrostatik, Trockenräume und und und. Und trotzdem erwischt es regelmäßig einige.

    Lies die Literatur, freue Dich an den Effekten bei Großfeuerwerkern - aber lass' es bitte!
     
  8. hatte mal ein tanpon nitiert :D ist aber bis auf die säuren meineserachtens ungefählicher als die geforderten sachen
     
  9. Ein einschlägiger Versuch verwendet nur je eine kleine Messerspitze der beiden Substanzen und ergibt eine sehr heftige Reaktion. Und wenn man sich nun ein Gramm davon vorstellt - AUA!

    Chlorat-Metall-Sätze sind feuchtigkeitsempfindlich - wurde schon bei der Handverletzung als mögliche Ursache genannt. Auf Reibung sind sie auch nicht gut zu sprechen. Usw...

    Der ganz oben erwähnte Versuch macht auch klar, was Kompatibilität bedeutet: Chloratsatz und Schwarzpulver sind Feinde. Und viele andere Mischungen und Verbindungen mögen sich auch nicht. Da reichen oft winzige Reste, einzelne Staubteilchen.

    Im doppelten Sinne: Finger weg! Bitte!

    Kennst du Knallkorken? Wenn ja: schonmal gehört? Sie werden bspw. bei einigen 'Hau den Lukas' statt einer Glocke verwendet. Ziemlich laut, nicht? Jetzt rate mal (nicht suchen): welche Satzmenge ist in einem Knallkorken enthalten? (Die anderen: pssst)

    @Chrischi: Nach Pyrowatte, -flocken und -papier demnächst neu: Pyrotampons, der Hingucker für ihre Auslage. Speziell vorbereitete Schaufensterpuppen demnächst erhältlich :D
     
  10. Hallo,

    wir stellen jedes Jahr im Frühjahr zu zweit für eine Show-Vorlesung ein ganzes Sammelsurium an Mischungen her (von organischen Peroxiden über Gasgemische zu Perchlorat/Metallpulver Mischungen, bengalischen Feuern und so weiter) und nutzen die Wochen auch zum Experimentieren mit diesen Mischungen um z.B. mal selber Crackling-Effekt herzustellen, blaue bengalische Flammen, Titanfunken und was es alles gibt (vieles davon wird nicht in die Vorlesung übernommen, da kaum jemand bestimmte Effekte in Relation zu ihrem Aufwand "zu würdigen" weiss) , da wir in dieser Zeit ein komplettes Labor dafür zur Verfügung haben (mit offiziell deaktivierten Rauchmeldern und was alles nötig ist). Trotzdem ist bisher jedesmal irgendetwas ungewollt gezündet, dank einer sicheren Arbeitsumgebung (Abzüge, keine Glasgeräte die splittern können, persönliche Schutzausrüstung, Lagerungen nur von Kleinstmengen auf offenen Filterpapieren welche wiederum abgedeckt sind etc etc) zum Glück aber dadurch niemals irgendetwas passiert, weder uns noch unerwartet Schaden im Labor (sollte das der Fall sein, hätten wir auch alle Probleme diese Vorlesung so weiter genehmigt zu bekommen). Dank eines unschönen lange zurückliegenden privaten Unfalls im Zusammenhang mit Chloraten noch in der Schule (ebenfalls unter kontrolierten Bedingungen) haben wir diese gar nicht mehr in Mischungen dieser Experimentalvorlesung drin - schlichtweg zu unberechenbar (mit wenigen Ausnahmen, aber auch davon lassen wir die Finger), lediglich als Reinsubstanz (die bei Kontakt mit etwas anderem sofort zündet) sind sie noch bei 2 Versuchen enthalten, ansonsten wurde alles durch Perchlorate ersetzt.
    Mögen auch die meisten der ungewollten Zündungen bei uns auf metallorganische Verbindungen zurückgehen, so lehrt es einem doch immer wieder den nötigen Respekt gerade vor Peroxiden und metallpulverhaltigen (per)chlorat Mischungen.
    Die Bedingungen eines voll ausgestatteten Labors sowie die Reinheit der Chemikalien kann man "daheim" nicht erreichen, und gerade Säurespuren sind eine üble unerwartete Zündquelle.

    In diesem Sinne - auch wenn es alle sagen und man es erst recht nicht wahrhaben will - das Basteln damit ist eine zu unberechenbare Angelegenheit, die einzige Antwort auf das "wie schnell sie reagieren" ist "zu schnell" und das "warum sie so gefährlich sind" ein "weil sie auf Druck, Reibung (bei der richtigen Mischung reicht das Aneinanderreiben der Körnchen untereinander!), Säurespuren, Verunreinigungen (Staub), speziell Metallpulver, unvermittelt Zünden können."

    Um letzlich noch was chemischen hier reinzubringen: @Pyro Das ist das dritte Mal, (eigene Erfahrung mitgezählt) dass ich von einem Unfall mit Chloraten in Gegenwart von Alkohol höre, bei dem die Mischung quasi von alleine zündet. Langsam glaube ich nicht mehr an einen Zufall. Die extrem instabile Verbindung Ethylperchlorat macht man aus Kaliumperchlorat mit Alkohol und Säure. Ich würde langsam nicht mehr ausschliessen, dass ein noch erheblich reaktiveres Ethylchlorat analog aus Kaliumchlorat, Ethanol und Säurespuren entstehen KÖNNTE. Mir ist die gängige Praxis des Anfeuchtens mit Alkohol bzw. Alkohol/Wasser natürlich klar, aber unter ungünstig/unerwartet verunreinigten Bedingungen...könnte sich das vielleicht bilden und beim Verdunsten des Alkohols zurückbleiben , Spuren würden ja genügen... .

    Gruß,

    ivhp
     
  11. @ivhp: Klingt gut! Als Schüler haben ich auch so eine Show durchgezogen, zum Sommerfest, fast ohne Lehrerhilfe, so querbeet durch das Sortiment, wie man es zu der Zeit zB im Dt. Museum in München sehen konnte. Schöne Erinnerungen! Dazu gehörte natürlich auch ein Standardexperiment mit Chlorat; aber natürlich nur in winzige Mengen (entsprechend ein paar Reiskörnern). Darüber hinaus habe ich immer die Finger von Chlorat gelassen, und insofern sind sie auch noch dran!

    Wer mal so eine Chemieshow sehen will, im Raum Nürnberg/Erlangen gibt´s im Oktober noch zwei Möglichkeiten hierzu; einmal eine Benefizveranstaltung (3h, Tickets bei eventim), und einmal eine Kurzversion (1h) im Rahmen der langen Nacht der Wissenschaften, beides siehe hier.

    Bezüglich der Gründe der Gefährlichkeit würde mich interessieren: Kann man das auch in Zahlen ausdrücken (Aktivierungsenergien, Schmelzpunkte, etc.).
     
  12. Hallo,

    ich hab schon fast befürchtet, dass so eine Frage nach dem echten Hintergrund der erhöhten Reaktivität von Chloratmischungen kommt. Da es sich bei all diesen Reaktionsmischungen um

    1. Festkörper-Mischungen handelt

    2. wir zumindest teilweise wilde Reaktionsgleichungen bei sehr hoher Temperatur betrachten, wo man alle klassichen Regeln zu Aufklärung des Reaktionsmechanismuss vergessen kann, sicherlich viele Reaktionen parallel zueinander ablaufen und radikalische Aspekte, die sowieso nach anderen Regeln verlaufen, auch eine Rolle spielen

    3. der Aspekt, den wir hier betrachten, die "unplanmässige" Zündung ist ist, also nicht langsames erwärmen und eine definierte Energie zündet, sondern ein Funke (? was das angeht bin ich neuerdings skeptisch, siehe hier; und dazu irgendwann später nochmal mehr) oder Reibung (die letzlich auch Wärme ist, aber schwer in quantitative Begriffe zu fassen)

    ist das eine nicht gerade eindeutige und einfache Angelegenheit.

    Nichts desto trotz gibts es natürlich Methoden um Sprengstoffe zu Klassifizieren, von denen einige hier nützlich sind. Darüberhinaus kann ich versuchen, Gründe für das reaktivere Verhalten der Chlorate zu liefern, sollte jemand dazu detaillierte Informationen haben nur her damit :).

    Zuerst mal der dirkete Vergleich Kaliumchlorat vs. Kaliumnitrat:
    Code:
    Schmelzpunkt: 
                            Kaliumnitrat:    334°C
                            Kaliumchlorat:   368°C
    
    
    So einfach ist es also nicht, man kann den Grund nicht darin suchen, dass die eine Substanz eher schmlizt als die andere und daher eine Zündung auch eher erfolgt.
    Darüberhinaus schmilzt Schwefel bei 115°C und Saccharose bei 185°C, soll heissen die anderen Komponenten der Mischung fangen eher an zu Schmelzen und könnten damit schon die Bedingungen für eine Zündung ermöglichen.

    Als nächstes lohnt es sich einen Blick auf die Zündtemperatur der Mischungen zu werfen. Das ist nicht ganz trivial, weil man kaum Schwarzpulver 1:1 auf "Chlorat" übersetzt. Die angegebenen Zahlen beziehen sich also auf reines Schwarzpulver und eine chlorat-haltige Mischung. Die Werte für Chlorat-Mischungen schwanken deutlich, das hier angenommene ist eine Saccharose Mischung bzw. schwefelhaltige Mischung mit Bindemittel (Dextrin). M. E. wird die Zündtemperatur von Chlorat-Metallmischungen deutlich höher liegen.
    Code:
    Zündtemperatur:
                           Schwarzpulver:             390°C
                           Kaliumchlorat-Mischung:   >195°C
    
    
    Das ist schon interessanter. Modifiziert man also eine Saccharose/Nitrat oder Schwarzpulver/Nitrat Mischung mit Kaliumchlorat, muss man mit fast einer Halbierung der Zündtemperatur rechnen.
    An dieser Stelle kann man auch die von Dir gefragten Aktivierungsenergien ins Spiel bringen. Zwar handelt es sich hier um eine üble Vereinfachung, die zur Verfügung stehende Energie einfach abzuschätzen ohne Kenntnis über die genaue Reaktion zu haben (wieviele Teilchen müssen aufeinander stossen? etc) aber grob gesagt ist die thermisch notwendige Aktivierungsenergie für die Chloratmischung um den Faktor 0,7 (468K/663K) kleiner als die der Nitrat Mischung.

    Noch interessanter wird es bei einem Blick auf die Sprengstoff-Eigenschaften. Es gibt einige Tests um die Empfindlichkeit von Sprengstoffen zu beurteilen, für uns lohnenswert wäre die Schlagempfindlichkeit in J (wird gemessen durch das Fallenlassen eines Gewichts der Masse m auf eine Probe der Substanz und Ermittlung der minimalen Höhe h bei der die Probe zündet und daraus resultierend Angabe der nötigen Energie in J (Die Daten stammen teilweise aus modernen, teilweis aus alten Tabellen, die aus der alten habe ich der Einfachheit halber (früher wurden Fallhöhen angegeben) in Joule umgerechnet).
    Des weiteren interessant ist die Reibempfindlichkeit in Newton, dabei wird ein Metalldorn über die Probe gerieben und die nötige Kraft gemessen, mit der auf die Probe eingewirkt werden muss, bis sie zündet.
    Schliesslich lohnt sich noch ein Blick auf die Detonationsgeschwindigkeit, da sie eine einfache Abschätzung der "Zerstörungskraft" erlaubt - da gibts natürlich auch viel elegantere Methoden wie Bleiblockausdehnung.

    Code:
    [FONT=Courier New]Übersicht:
    
    Sprengstoff      | Schlagempf. | Reibempf. | Detonationsg.
    ------------------------------------------------------
    Schwarzpulver    |     11,7 J  | > 360 N    |  400 m/s
    Chlorat-Mischung |   < 5,85 J  |    46 N    | 3400 m/s (Metallpulver/Chlorat: 900 m/s)
    Chlorat / P(rot) |       -     | 0.1-1 N    | - 
    
    [/FONT]

    Diese Daten sind schon erheblich aussagekräftiger.
    Das bedeutet nämlich, dass eine Chlorat-Mischung 8mal empfindlicher auf Reibung reagiert als eine Schwarzpulver Mischung, da zudem unter normalen Umständen der maximalen Reibung eine gewisse Grenze gegeben ist (man nimmt ja keinen Stahlstab und kratzt mit Gewalt durch die Mischung), dürfte dies erklären warum Chlorat Mischungen beim Verreiben zünden können, Schwarzpulver dies eben kaum tut.
    Um die Abhängigkeit von den anderen Reaktionspartnern zu verdeutlichen, habe ich den Zusatz mit rotem Phosphor mit dazugenommen (das war die einzige Angabe die ich finden konnte). Die Emfindlichkeit steigt nochmal erheblich oder anders ausgedrückt: das mischt man nur einmal (es sei denn die Zündung ist der erwünschte Effekt --> Streichholzentwicklung).
    Die Detonationsgeschwindigkeit liegt bei der Chlorat-Mischung fast um den Faktor 10 höher - hier liegt die Erklärung warum man bei wenig Mischung und wenig Verdämmung bereits hohes Schadenspotential hat.

    Der Grund für die erhöhte Reaktivität liegt wohl in der Instabilität des Chlorat-Anions an sich. Letzlich beginnt die Reaktion sobald das Chlorat in der Lage ist seinen Sauerstoff abzugeben und die Oxidation des Reaktionspartners zu ermöglichen.
    Nun ist Kaliumchlorat als Reinsubstanz beim Erwärmen bis zu seinem Schmelzpunkt stabil. Versetzt man es dagegen mit Metallsalzen oder anderen "Verunreinigungen" (ich meine damit Verunreinigungen in Bezug auf reines Kaliumchlorat, also stellen alle anderen Bestandteile der Mischung eine Verunreinigung dar) so zerfällt Kaliumchlorat gemäss:

    2 KClO3 --> KCl + KClO4 + O2

    und zwar ab 190 °C.
    Dies ist interessanterweise ziemlich genau die Zündtemperatur für die (reaktiven) Kaliumchlorat-haltigen Mischungen. Der eigene Zerfall von Chlorat könnte damit also die eigentliche Reaktion initiieren.
    Kaliumnitrat zeigt diesen Zerfall nicht und (was noch viel schöner ist) Kaliumperchlorat zerfällt auch nicht unterhalb seines Schmelzpunktes. Dies würde dann auch erklären, wieso Kaliumperchlorat-haltige Sätze wieder eine höhere Zündtemperatur haben.
    Dieser Zerfall des Chlorats kann nun nicht nur durch thermische Energie, sondern eben auch z.B. an der Oberfläche von Kristallen stattfinden, wenn diese z.B. brechen (zerschmettert man grosse Zuckerkristalle im stockdunklen Raum, so beobachtet man kurz ein blaues Leuchten (Tribolumineszenz), die durch die Anregung von Stickstoff und Sauerstoff an der kurzzeitg hochreaktiven frischen Bruchfläche (dort werden auch die Moleküle "zerbrochen" und man erhält Radikale) entsteht. Die zerfallenden Chloratmoleküle könnten dann die Reaktion fortsetzen und zur Zündung führen, was einen der Zündwege durch Reibung erklärt (natürlich auch lokale Erhitzung etc., es läuft aber immer darauf hinaus, dass das Chlorat als instabileres Teilchen eher als z.B. Nitrat zerfällt und die Reaktion damit ermöglicht.

    Gruß,

    ivhp

    PS: als eine erste allgemeinverständlichen Quelle für weitere Informationen lohnt es sich mal einen Blick in "Römpp, Chemie Lexikon" zu werfen, Stichwort Explosivstoffe, dort finden sich neben Erklärungen der Messmethoden noch mehr typische Daten auch über viele Substanzen (leider keine Schwarzpulver oder andere pyrotechnischen Sätze).

    PPS: Es wurde tatsächlich versucht Chlorate zu stabilisieren, siehe z.B. dieses amerikanische Patent von 2001: http://www.freepatentsonline.com/6302978.pdf
     
    unkrautEx gefällt das.
  13. Wenn ich mir vorstelle, daß jemand Chlorate mit anderen Substanzen im Mörser mischt und dabei zu stark auf das
    Gemisch drückt oder der Stößel in den Mörser fällt wird mir schlecht...
    Die niedrige Zündtemperatur und die Reibungsempfindlichkeit bergen auch noch eine andere Gefahr:
    Was ist wenn das Mischgefäß Kratzer hat in denen kleinste Teilchen des Chlorates hängenbleiben und die anderen
    Teilchen "kratzen" beim Mischen an denen rum, da nützt auch die penibelste Reinigung des Mischgefäßes vorher nix...

    Auch in alten Chemiebüchern wird DRINGENDST vor Chloratmischereien gewarnt.Zitat daraus:
    "Verunreinigungen führen zu explosivem Zerfall "
    Das von Pyro leider Erlebte sollte allen eine Warnung sein, ich würde mit dem Zeugs nie experimentieren,selbst wenn
    ich es dürfte.
    Daß z.B. Kaliumchlorat auch noch giftig ist, verkommt bei den anderen Wirkungen schon fast zur Nebensache.
    Also: Hände weg sonst Hände weg.....
     
  14. Hallo!
    Umser Chemielehrer wollte uns einmal die Gefährlichkeit pyrochemischer Substanzen vorführen und hatte ein Perchloratgemisch vorbereitet. Da er mit keiner größeren Explosion (waren insgesamt virlleicht 1 1/2 Messerspitzen)
    erwartete, schloss er das Panzerglas im Abzug nicht auf beiden Seiten- Nach dem Versuch musste er im Lehrerlabor auf Splittersuche gehen! Wenn der Abzug auch in richtung Schüler offen gewesen wäre, dann hätte ich nicht in der ersten Reihe sitzen wollen!
    (Hab lange Haare, brennt gut!)
    Zu Versuchen mit anderen Feuerwerkskörpern (Mit Schwarzpulver!):
    Es hat bei mir eine abbrennende Zündschnur, die auf meinen Arm geflogen ist, gereicht, um mir schwerste Verbrennungen (Offene Wunde, 5 Tage arge Schmerzen,...)zuzufügen!
    Also auch von meiner Seite: Finger weg sonst Finger weg"!!
    (obwohl es mich selber oft in den Fingern juckt!-Bin jetzt 14!)
     
  15. @ ivhp: Die Antwort erfreut natürlich jedes Forscherherz. :)

    > ich hab schon fast befürchtet, dass so eine Frage nach dem echten Hintergrund...

    wobei dies die Freude über die Frage nicht so recht verhehlen kann... *gg*

    > die durch die Anregung von Stickstoff und Sauerstoff an der kurzzeitg hochreaktiven frischen Bruchfläche

    Dies löste wiederum bei mir die Assoziation aus, ob man daraus dann einen "chemischen Zuckerlaser" bauen könnte... weil ich dabei an die Impuls-Stickstofflaser dachte, den man sich ganz leicht aus zwei fast parallelen Aluschienen und einem alten Fernseher bauen kann, dessen Hochspannnungsblitz an den Schienen entlangläuft. Wäre also vielleicht interessant: Ein Photon pro Blitz, oder mehrere?

    @knallkopp: Du siehst, mehrere Gefahrenpotentiale, die sich gegenseitig potenzieren (hohe Emfindlichkeit *und* hohes Schadpotential *und*...).

    Ich würde stattdessen mal nach Tribolumineszenz googlen. Da kann man lernen, dass man diese beispielsweise beim Zerbrechen von Dextroenergenplättchen beobachten kann. Oder beim Zermahlen von Zucker in einer Kaffemühle mit Klarsichtdeckel. Oder beim Aneinandereiben von Würfelzucker.

    Ich denke, dies ist auch ideal als Experiment zusammen mit Freundin geeignet. Erstmal eine Stunde Dunkeldadaption unter der Bettdecke, dann Dextroenergen. :D
     
  16. Vielmehr ist es die reaktive Bruchfläche der Chloratkristalle, die eine Reaktion initiiert. Die meisten zugelassenen Chlorat-Mischungen enthalten (wegen ihrer geringeren Reibempfindlichkeit) organische Bindemittel.

    Hier eine winzige populärwissenschaftliche Abhandlung:

    Betrachtet man die Reihe "Perchlorat - Chlorat - Chlorit - Hypochlorit", so nimmt mit abnehmender Symmetrie der Chlor-Sauerstoff-Anionen, deren Reib- und Schlagempfindlichkeit zu. Bei mechanischer Beanspruchung kann sich somit (atomarer bzw. reaktiver) Sauerstoff abspalten, der eine Reaktion initiert. Und das um so leichter, je weniger Sauerstoff im Anion vorhanden ist.
    Eindrucksvoll zu sehen z.B. bei den Chloriten:
    Obwohl Natriumchlorit (nicht verwechseln mit Natriumchlorid) eine sehr stabile Verbindung ist, läßt sich eine Mischung mit Schwefel (oder rotem Phosphor) nicht herstellen, da beim Mischungsversuch (mit Federfahne) Explosion erfolgt. Zucker-Chlorit-Mischungen sind unempfindlicher und lassen sich darstellen (aber reibungsempfindlicher als Chloratmischungen). Allerdings zersetzen sich diese Mischungen nach einiger Zeit zu einer klebrigen Masse, was auf eine "milde" Oxidation schließen läßt.

    Ach ja: Bei Forschungs- und Lehrveranstaltungen sollte man keine Schwarzpulverzündschnüre verwenden (enthalten Schwefel), falls Chlorite im Spiel sind.

    Gruß Frank
     
    unkrautEx gefällt das.
  17. Hallo,

    die von mir erwähnte Anregung der Sauerstoff und Stickstoff Moleküle bezog sich eigentlich auf die Tribolumineszenz (nur als Beispiel um zu zeigen wie reaktiv solche Bruchflächen sind), nicht auf die Start-Reaktion zur Initiierung der Zündung der Chlorat-Mischung.

    Bei dem Bruch der Chlorat-Moleküle gilt natürlich wie Du geschrieben hast:

    was sich in etwa auch mit meiner Aussage

    deckt, denn das Abspalten des atomaren Sauerstoffes aufgrund des Bruchs ist ja nichts anderes als der Zerfall des Chlorat Moleküls.

    Der Zusammenhang der Stabilität der Chlor-Sauerstoff Anionen zur Symmetrie ist toll! Danke für diese schönen Informationen!
    Hast Du zufälligerweise noch einen Artikel mit weiterführenden Informationen?
    Hypochlorit O-Cl wäre in der Hinsicht auch interessant, wäre ja schliesslich auch hochsymmetrisch wenn man nur das Anion betrachtet (zylindrisch), so dass man evtl. auch eher nur den Sauerstoffgehalt des Anions statt der Punktgrupe betrachtet müsste?

    Gruß,

    ivhp

    PS: Naja ich zweifel doch an, dass die Blitze die der Zuckerkristall aussendet kohärent sind..ein paar Photonen werden da ja frei aber kaum in Phase...wobei ich zugeben muss, dass mir der Gedanke an einen Zucker-Laser gefällt :)
     
  18. Ich kann dir leider ad-hoc keinen expliziten Artikel nennen, aber im Gmelin (Handbuch der anorganischen Chemie) finden sich Literaturhinweise, über das o.g. Thema. Allerdings auch andere Erklärungsmöglichkeiten.
    Ich werde mal meinen Kollegen kontaktieren, mit dem ich das Thema mal diskutiert hatte. Vielleicht weiß er mehr.

    Gemeint ist sicherlich die Punktsymmetrie des Anions bzgl. des Chloratoms. Wobei ein Anhängendes O-Atom am meisten von dem "Perchlorat-Tetraeder" abweicht. Aber interessant ist es sicherlich.

    Nicht den Mut verlieren. Es gibt noch Hoffnung. Das Licht der Blitze muß nämlich nicht kohärent sein. Es muß nur dafür sorgen, dass kohärentes Licht emmitiert wird. Falls man keinen geeigneten Resonator findet, müßte man ähnlich wie bei den zwei Aluschienen eine Zuckerstange mit Lichtgeschwindigkeit längs aufbrechen. Vielleicht ist dazu noch etwas Grundlagenforschung nötig. Aber die neue Generation von Leuchtkugeln, könnte dann z.B. so aussehen, wie ein abgeschossener Photonentorpeto (siehe Startrek), wobei um die Flugachse ein oder mehrere Strahlen rotieren.

    Gruß Frank
     
  19. Statt 100er Titansalut dann ein Photonentorpedo mit 1 mg MAMA-Ladung?

    Äh - was spricht gegen die Schwarzpulverzündschnur? Aus der Versuchsanleitung: Mit einer geeigneten Zange ein kurzes Stück Stoppine an die Mischung halten ;)

    Oder ein Versuch zur Kompatibilität: ein mit Chlorat 'verunreinigter' Gegenstand (Erklärung: 'dies stellt die Finger eines Bastlers dar') kommt mit SP oder SP-haltigem Material in Kontakt...
     
  20. Interessant, das Symmetrieargument, danke! Klingt ja fast schon nach Zieleinlauf!

    Könnte man sich das ganz primitiv-mechanisch so vorstellen, dass beim Tetraeder die Sauerstoffatom relativ ruhig in ihrer jeweiligen Ecke sitzen, während sie bei Unterbesetzung zunehmend "herumschlottern", also im Ruhezustand schon höhere kinetische Energie haben, und sich entsprechend leichter lösen? (Sorry für die Ausdrucksweise; da gibt es sicherlich schöneres chemisches Vokabular dafür, oder?)

    > dass die Blitze die der Zuckerkristall aussendet kohärent sind..

    Das Akronym LASER macht zunächst keine Aussage darüber, wie hoch die örtlich bzw. räumliche Kohärenz der Strahlung ist. Wenn es so einen Effekt gäbe, so müsste man wohl in der Spaltebene nach statistischen Anomalien suchen (Photonenpulks).

    @stefan-1 *ROTFL* wird immer lustiger hier! *gg*
     
  21. Hallo,


    ich fürchte, so kann man sich das nicht vorstellen. Die in dieser Vorstellung "freien" Lücken werden in der Kristallstruktur i.d.R. schon besetzt (was nicht heissen muss, dass dort nun Cl auch eine tetraedrische Umgebung haben soll, ich guck mir die Strukturen später mal an, aber es wird jedem O im Prinzip immer ähnliche viel Platz zur Verfügung stehen).
    Höhere Symmetrie führt i.d.R. trotzdem zu stabilieren Strukturen, wobei ich im moment noch einen Zusammenhang zur Anzahl der gebundenen O-Atome (Elektronendichte am Cl...) favorisieren würde.

    Gruß.

    ivhp
     
  22. Also doch weniger symmetrie- als einfach oxidationsstufenabhängig??
     
  23. Nur eine kurze Bemerkung zu jeglichen Chloraten,wer kein qualifiziertes Wissen hat und auch den Römpp
    nicht richtig lesen kann, der lasse diese Experimente und fummelt nicht mit Chemikalien herum die gefähr-
    lich sind. Alles am Körper soll dranbleiben, Schwefel und Phosphor sind nur unter bestimmten Bedingungen
    mit Chloraten zusammenzubringen, für Laien und Dilletanten gilt meine ernstgemeinte Warnung, lasst eure Finger weg. Ganz abgesehen von den gesetzlichen Bestimmungen.Erst studieren,dann probieren!!!
    Euer Felix
     
  24. Zitat: "Wenn du beim Basteln einen Blitz siehst, wird aus dem Knall nix mehr. Den hören nur die Nachbarn. Und deine Angehörigen müssen die neue übergroße Dachterasse rechtfertigen." - Weis nicht mehr von wem, passt aber hierher!!

    Chlorate sind einfach gefährlicher als jegliche andere Explosivstoffe! Ich verwende, wenn mir nach "Selbstgemachten" Effekten ist, lieber etwas Bengalpulver auf einer Schüssel, in einem Trichter oder sonstwas. 100% Ungefährlich und vor allem LEGAL!!
     
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