Besucher Einsatz von nicht brennbaren/oxydierend wirkenden Chemikalien - warum?

Dieses Thema im Forum "Kurze Fragen, schnelle Antworten" wurde erstellt von Unregistriert, 20. Januar 2006.

  1. Warum werden manchmal Farbgeber verwendet, die keine brennbaren oder oxiierend wirkenden Bestandteile erhalten?
    Warum wird zum Beispiel Kupferchlorid und nicht Kupfernitrat eingesetzt, um blaue Farben zu erzeugen?
    Wann werden eigentlich Chemikalien, die weder brennen noch oxidierend wirken,
    wie Calciumsulfat, Calciumcarbonat und Strontiumnitrat den Mischungen zugefügt?
     
  2. Hallo,

    1. man versucht oft Farbgeber mit einem möglichst niedrigem Siedepunkt einzusetzen - und da bleiben häufig nur die Halogenide. (nicht oxidierende) Oxide, Sulfate wirst Du seltener (ausser in heissen Sätzen (z.B. Magnesium)) in Feuerwerk finden (Carbonate dagegen öfter, s.u.), weil sie recht wenig Farbe in die Flamme bringen. Es können sogar Chlorionenspender wie PVC zugegeben werden, um den Effekt der Metallchloride noch zu verstärken.
    Nitrate reagieren zu Oxiden ab, die sich wieder schlechter als Farbgeber eignen.
    Diesen Effekt sieht man übrigens bereits sehr ausgeprägt wenn man eine Probe der Salze in die Bunsenbrennerflamme hält (Standardnachweise im Grundpraktium Allgemeine Chemie) - die Chloride machen schöne Farben, die meisten anderen Salze (speziell Oxide, Sulfate) nicht.
    Darüber hinaus hat der Schmelzpunkt der Verbindungen Einfluss auf das Abbrandverhalten - dieser liegt bei den Chloriden wieder erheblich tiefer.
    Blau ist sowieso ein Spezialfall - da muss auch die Abbrandtemperatur genau stimmen, der Einsatz von nur Nitraten oder Perchloraten würde die Temperatur zu hoch ansteigen lassen.

    Das ist auch gleich der 2. Aspekt wieso du nicht ausschliesslich oxidierende Anionen finden wirst - die Mischung soll ja kontrolliert abbrennen und nicht immer in einem (farbigen) Blitz aufgehen. Während also eine reine Metallpulver / Perchlorat (oder Nitrat) Mischung schlagartig verbrennt, kann sie durch Zugabe von nicht oxidierenden Anionen zu einem ruhigeren Abbrand gestreckt werden - ein reaktionsarmes Carbonat oder etwas derartiges ist daher fast immer (ausser bei Knallsätzen oder reinen Nitrat-Sätzen wie z.B. Schwarzpulver) dabei.
    Letzlich musst Du auch noch die Eigenschaften des Salzes bedenken: Kupfernitrat beispielsweise ist hygroskpisch und der Satz würde Feuchtigkeit ziehen, die je nach Beschaffenheit des Satzes zur Selbstzündung oder zum Versagen führen kann. Manchmal muss man auch hier eine Mischung von einem Chlorionenspender und einem anderen Metallsalz nehmen, weil auch das Metallchlorid hygroskopisch ist.
    Calciumsulfat findet mal allerdings wirklich seltener, da es ausser bei sehr hohen Temperaturen kaum farbgebend und nicht verbrennungsunterhalten wirkt - vielleicht noch bei einem Bengalfeuer als Bindemittel und bei Blinksternen (orange/rot) als Moderator aus den o.g. Gründen. Ähnlich unreaktiv (das ist ja auch gewünscht - s.o.) würde ich auch das Calciumcarbonat einordnen, wobei die CO2 Entwicklung beim Abbrand noch Einfluss auf das Abbrandverhalten (Schlacke auflockern) nehmen wird und es als Säurefänger dient - das basische Carbonat kann Säurespuren z.B. aus dem Schwefel abfangen und damit den Satz stabilisieren - daher finden sich Carbonate häufig.
    Strontiumnitrat wirkt sehr wohl oxidierend.

    Gruß,

    ivhp
     
  3. http://www.feuerwerk-forum.de/showpost.php?p=55944&postcount=14
    http://www.feuerwerk-forum.de/showpost.php?p=808&postcount=2

    Was leuchet, sind zum Atomkern "zurückfallende," termisch angeregte Elektronen.
    Wird dieser ionisiert, hat er keine e- mehr, die zurückfallen könnten.
    Code:
     [size=4]Me	 --> Me+	 e-[/size] 
    Gibt man nun kräftig e- dazu (Cl-) verschiebt sich das Reaktionsgleichgewicht nach links: viele Atome, viel leucht.

    LG
    Thomas

    Ui, ist der ivhp schnell..:shocked:
     
  4. Da muss ich doch ein wenig widersprechen... ;)

    1. Ja - das was leuchtet sind "zurückfallende" thermisch angeregte Elektronen. Diese werden aber nicht bis zur Ionisierung angeregt, d.h. thermische Ionenbildung (Plasma) ist nicht der hier betrachtete Effekt, sondern nur Anregung in eine etwas höhere Schale. Ein einmal angeregtes Teiclhen hat sein Elektron nicht abgegeben und müsste irgendwie wieder eins bekommen, sondern das Elektron bleibt beim Atom, nur in einem angeregten Zustand, und fällt wieder zurück (und kann wieder leuchten). Die Oxidationsstufe des Metalls ändert sich dabei also nicht.

    2. Wird das Metall ionisiert hat es sehr wohl noch Elektronen, die angeregt werden können. Kupfer hat beispielsweise 29 Elektronen, Kupfer2+ also immer noch 27. Natürlich werden die nicht alle angeregt, sondern nur die in den obersten Schalen, aber es sind noch genug da. In der AAS (AtomabsorbtionsSpektroskopie) ist es allerdings zwingend erforderlich, die Ionen erst zu den Elementen zu reduzieren (in der Flamme) und dann anzuregen, das hat jedoch mit den Lagen der Linien zu tun (d.h. der erforderlichen "Lichtfarbe" - jedes Atom und jedes Ion hat sein charakteristisches Spektrum (d.h. Farbe)) und ist nicht in ällen Fällen auf die Feuerwerkerei zu übertragen. Da in der Flamme aber auch sowieso eine Reduktion stattfindet, wird beim Feuerwerk ein Gemisch der Farben der möglichen Anregungen der Atome und Ionen (z.B. Cu(0), Cu(I), Cu(II)) zu sehen sein. Manche typische Farben (wie das Natrium-Gelb) kommen aber tatsächlich aus dem Atom (im Na: Anregung vom 3s zum 3p Orbital und dann das "Zurückfallen") - wie dieses Atom entsteht siehe 3.

    3. Cl- wird sicher nicht im eigentlichen Sinne das Metall reduzieren können, d.h. sicher nicht als Elektronenspender wirken (Cl- gibt keine Elektronen dazu)
    3a. Es werden von den Farbgebern i.d.R. immer Salze eingesetzt - egal ob nun Cl- oder O2-, der Charakter dieser Anionen ist recht ähnlich. D.h. welches Salz man auch immer einsetzt, ein negativ geladenes Anion hat man immer, das erklärt noch keine Notwendigkeit für Cl-.
    3b. Dieses Anion schiebt nicht wirklich Elektronen auf das Metall. Das ist aus den o.g. Gründen nicht erforderlich, wird aber auch nicht passieren, denn Cl- gibt sein Elektron nicht mehr gerne wieder her (gefüllte Valenzschale mit 8 Elektronen) - es ist also ein schlechtes Reduktionsmittel.
    Verbrennt man also Cu(II) in Gegenwart von Cl- (z.B. NaCl) erhält man kein Cu, sondern bleibt bei Cu(II). Wohl aber kann sich "CuCl2" bilden, welches mit einem geringeren Damfdruck in die Gasphase geht und die Flamme färbt.
    Um Elektronen auf das Metall zu schieben bräuchte man eigentlich ein Reduktionsmittel, was also seine Elektronen auch wieder abgibt (In der Flamme z.B. CO) "Eigentlich", weil bei der Temperatur in der Flamme "merkwürdige" Prozesse ablaufen, die nicht mit klassischer Chemie vergleichbart sind. Die Atome in der Flamme enstehen tatsächlich einfach durch Dissoziation:

    CuO --> Cu + O oder
    NaCl --> Na + Cl

    (ich weiss, dass liest sich komisch, aber bei den Temperaturen gelten andere Regeln. Entstammt unseren Skripten zu AAS, siehe z.B. hier: AAS )

    Das heisst, dass in der Flamme im Prinzip aus JEDER Verbindung kurzzeitigst die Atome (in einem geringen Prozentsatz) entstehen, die z.B. für das Natrium-Gelb verantwortlich sind. Es liegen aber auch Ionen vor (gerade bei den schwereren Elementen), die ebenso für deren charakteristische Farben verantwortlich sind.
    Das einzige, was man noch berücksichtigen müsste, ist, wie leicht die Bildung der Atome aus den Ionen geschieht. Das könnte z.B. für CuCl2 leichter geschehen als für CuO (Die Werte der Dissoziationsenergien habe ich gerade nicht da) und so könnte man erklären, wieso ein Zusatz von Cl- über die Verdampfung hinaus durch eine Absenkung der Dissoziationsenergie den prozentualen Anteil der Atome in der Flamme erhöht und damit die Flammenfarbe erheblich intensiver macht - zumindest bei den Elementen, wo zwischen dem Ionen- und dem Atomspektrum ein grosser Unterschied besteht (z.B. Na, Ca, Sr, Ba... .) und das Chlorid eine geringere Dissoziationsenergie als z.B. das Oxid hat. Das führt dann letzlich (deswegen hab ich ja auch gemeint "ein wenig" ;) widersprechen) durchaus wieder zu dem Schluss: viel Cl- -> mehr Atome --> viel Leuchten, allerdings über etwas Umwege und die Absenkung der Dissoziationsenergie (und nicht alle Elemente). Dieses Spiel kann man dann noch weiter treiben, wenn man bedenkt, dass die Dissoziationsenergie der Iodide (und sicher noch ein paar andere Anionen) z.B. nochmal deutlich unter der der Chloride liegt:

    NaCl:4,2 eV
    NaI: 3,1 eV

    und damit sollte wieder eine höhere "Farb/Licht-Ausbeute" möglich sein, was sich in brillianteren Farben äussern könnte (abgesehen davon, dass die Iodide unverhältnissmässig teurer sind als die Chloride...)
     
  5. :shocked:

    [​IMG] Jaaa. [​IMG] !
    So schön wie Du widerspricht keiner. :cool:
    (Schon gar net um die Uhrzeit :D .... "ein wenig" ---:joh: )

    Auf diese Art macht es Spaß auseinandergenommen zu werden !
    ..und THX für den Link !


    LG
    Thomas
     
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